Die gescheiterte Mission des VW-Chefs in Amerika

Washington · In der Welt der Diplomatie wäre es wohl das Eingeständnis vorläufigen Scheiterns. "Wir wissen das Gespräch mit Volkswagen zu schätzen. Wir werden weiter an einer Lösung arbeiten", ließ Gina McCarthy, die Direktorin der amerikanischen Umweltbehörde EPA, in einem dürren Zweizeiler wissen.

Eine Stunde lang hatte sie am Mittwoch in Washington mit VW-Chef Matthias Müller geredet, und wer damit die Hoffnung auf einen Durchbruch verband, sieht sich eines Besseren belehrt. Die überaus knappen Statements lassen nicht darauf schließen, dass eine Einigung näher gerückt ist. Der Chef des Volkswagen-Konzerns ist über den Atlantik geflogen, um für ein Unternehmen zu werben, dessen Image durch systematische Betrügereien bei amtlichen Abgastests schwer gelitten hat.

Doch als Krisenmanager machte er eine denkbar schlechte Figur, bisweilen unbeholfen, ja plump im Auftritt. Statt den Schaden zu begrenzen, hat er ihn - zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung - eher noch vergrößert. Was die amerikanische Autowelt erlebte, war ein Ingenieur, der zum einen mit dem Fach Kommunikation nicht viel anzufangen weiß und zum anderen den Eindruck erweckte, als habe er noch immer nicht verstanden, wie viel Vertrauen VW verspielt hat.

Eigentlich müsste Müller an einem schnellen Ergebnis interessiert sein und doch bewirke er eher das Gegenteil, beobachtet Rebecca Lindland, Analystin beim Kelley Blue Book, das für viele Amerikaner so etwas ist wie die Bibel der Autobranche . "Jeder Tag, an dem es keine Lösung gibt, ist ein schlechter Tag für Volkswagen." Die "New York Times" schreibt in einer kurzen Bilanz des Besuchs von Regulierern, die allmählich die Geduld mit dem Autobauer verlieren.

Erst am Dienstag hatte die kalifornische Umweltbehörde Carb die aktuellen Rückrufpläne für die rund 580 000 mit Manipulationssoftware verkauften Dieselfahrzeuge für unzureichend erklärt. In Washington ließ die EPA umgehend wissen, dass sie diese Sicht der Dinge teile. Und auf die Frage, wie lange es noch dauern werde, bis die Differenzen aus der Welt geschafft seien, antwortete Chris Grundler, bei der EPA zuständig für Transport und Luftreinhaltung, mit einem salomonischen "Ich weiß es nicht".

In einem Satz, die Stimmung ist mies. Müller selbst hat erheblich dazu beigetragen, vor allem durch ein verkorkstes Radio-Interview mit dem Qualitätssender NPR. Fachleute staunen, weil sie schon lange nicht mehr einen Wirtschaftsmann erlebt haben, der sich in den Medien derart blamierte. Als Müller am Rande der Automesse in Detroit gefragt wurde, ob seine Firma die Behörden belogen habe, beschrieb er den Einbau der Schummel-Software als technisches Problem, nicht als ethisches. "Wir haben nicht gelogen. Wir haben anfangs die Frage nicht richtig verstanden und dann seit 2014 daran gearbeitet, das Problem zu lösen."

VW bat um eine Wiederholung des Interviews, NPR ging darauf ein, Müller nahm ein zweites Mal Anlauf. Beim ersten Gespräch sei es hektisch zugegangen, versuchte er sich aus der Affäre zu ziehen. Ja, er akzeptiere, dass man Regeln verletzt habe. Die wohl zutreffende Antwort des NPR-Reporters an den VW-Chef: "Es ist kein Hügel, den Sie hier zu besteigen haben, es ist eine Gebirgskette, nicht nur eine, sondern eine zweite und dann eine dritte."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort