Die Drohungen des IS versetzen Saudis in Panik

Riad · "Wenn Allah es wünscht, werden wir alle töten, die Steine anbeten und wir werden die Kabaa in Mekka zerstören." Diese jüngst über Twitter verbreitete Botschaft eines führenden Mitglieds des "Islamischen Staates" (IS bzw. Isis) hat wohl die letzten Zweifel des saudischen Königshauses zerstreut, dass ihr glitzerndes Ölreich und dessen Monarchie Hauptziel der salafistischen Terrorbanden ist.

Wie dramatisch die Existenzängste des Hauses Saud seit dem rasanten Vormarsch von IS im Irak gewachsen sind, zeigt eine klare Distanzierung der höchsten religiösen Autorität Saudi-Arabiens von diesem "Erzfeind des Islam".

In Panik begann Saudi-Arabien mit der Errichtung eines 900 Kilometer langen Zauns mit Radar und Infrarot-Kameras an der Grenze zum Irak . Interne Sicherheit besitzt für die Herrscher absoluten Vorrang. Das ist auch die Botschaft, die Saudi-Arabien auf der heute in Jeddah beginnenden Anti-Terrorkonferenz vermitteln wird. Hier werden Vertreter der Golfstaaten, Ägyptens und Jordaniens - aber weder aus Syrien noch dem Iran - um eine gemeinsame Strategie im Kampf gegen IS ringen. Auch US-Außenminister Kerry wird erwartet, um Riad voll in die von den USA geführte internationale Allianz gegen die Miliz einzubeziehen. Denn Saudi-Arabien kommt wegen seiner religiösen Führungsrolle im sunnitischen Islam eine zentrale Bedeutung bei den Bemühungen zu, diesen barbarischen Extremismus zu vernichten. Eine klare Antwort aus Riad steht bisher aus. Heftig wehren sich die Saudis zwar gegen Vorwürfe, dass sie durch finanzielle Unterstützung des Salafismus, wie ihn auch die Isis in allerdings besonders radikaler Form vertritt, dieser zumindest indirekt zur jetzigen Stärke verholfen hätte. Immerhin kämpfen aber mindestens 300 Saudis auf ihrer Seite in Syrien und im Irak . Und nachweislich gerieten saudische Waffen in Syrien in die Hände der mit Al-Qaida verbündeten Nusra-Front. Der immer noch ungebrochene Einfluss radikaler Geistlicher und die Durchsetzung des radikalen islamischen Strafrechts mit Enthauptungen und Auspeitschungen im Königreich ermutigt Barbareien der IS.

In der Theorie teilte Saudi-Arabien mit allen Staaten der Region das Interesse an gemeinsamer Aktion gegen die IS-Gefahr. In der Realität aber vertreten vor allem die beiden verfeindeten Regionalmächte Saudi-Arabien und der Iran gegensätzliche Ziele. Riad möchte unter allen Umständen verhindern, dass der Iran seinen Einfluss in der Region wieder verstärken kann. Immerhin hat IS durch seinen Vormarsch den von den Saudis und anderen sunnitischen Regimen in der Region so gefürchteten "schiitischen Halbmond", der sich vom Iran, über den Irak nach Syrien bis in den Libanon zieht, durchstoßen.

Teheran kann seit vielen Wochen seine Verbündeten in Damaskus nicht mehr über den Irak mit Waffen und Öl unterstützen. Ein erfolgreicher Kampf gegen IS wird das Assad-Regime in Syrien stärken. Der Iran hingegen könnte sich in der Frage Assad durchaus flexibel zeigen. Teheran geht es in Syrien vor allem darum, ein Regime zu sichern, das auch seinen Interessen dient. Doch das Misstrauen zwischen Teheran und Riad sitzt tief.

Der Erfolg einer internationalen Koalition hängt entscheidend davon ab, dass sich die beiden Erzrivalen auf einen Kompromiss über die Vormachtstellung in der Region einigen.

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