Die braven Steuerzahler

Die Deutschen zahlen ohne großes Murren. Alle Einnahmen, die Bund, Länder und Kommunen verschlingen (rund 650 Milliarden Euro), stammen von den Steuerzahlern. Bürger und Unternehmen profitieren aber auch von ihrer Opferbereitschaft, denn der Staat organisiert das öffentliche Leben.

Er sorgt für Sicherheit und Ordnung, soweit möglich, und er stellt eine Infrastruktur bereit, um die uns die meisten Länder der Erde beneiden. Insofern ist nachvollziehbar, dass der Staat nicht von heute auf morgen auf 18 Milliarden Euro verzichten kann oder will. In dieser Größenordnung wird sich im Jahr 2019 der "Soli" bewegen, der dann eigentlich auslaufen sollte.

Am Wochenende hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel nun ohne Umschweife zum Wortbruch bekannt: Der Aufbau Ost sei noch nicht vollendet, überhaupt sei auch im Westen noch viel zu tun, der Solidaritätszuschlag müsse weiterlaufen. Auch für die Abschaffung der "kalten Progression" (höherer Steuertarif bei Lohnzuwachs) sei kein Spielraum da, sagte die Regierungschefin. Was fehlte, war nur das Wort "Basta". Aber es schwang gut hörbar mit.

Die Kanzlerin kann sich diese klare Art der Ansage leisten, die Nation nimmt nichts übel und gibt Ruhe. Der Ärger über den nimmersatten Vater Staat hält sich in Grenzen, weil sich die Leute an die Höhe ihrer Abgaben gewöhnt haben und offenbar auch der Meinung sind, die Steuerlast sei im Großen und Ganzen vertretbar. Damit beweisen die Bundesbürger ein vorbildliches Staatsverständnis. Was man von Steuer sparenden Konzernen, die ja ebenfalls von dem gut funktionierenden System profitieren, nicht immer behaupten kann.

Jetzt würde der brave Steuerzahler natürlich gern wissen, was mit dem ganzen Geld passieren soll, das ihm weiter vorenthalten wird. Am schlimmsten (und nicht akzeptabel) wäre das dreiste Einsacken für die allgemeinen Haushalte von Bund und Ländern, wie dies rot-grüne Phantasten allen Ernstes fordern. Am besten wäre eine zweckgebundene Teilung der Beute zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Was spricht dagegen, einen Altschuldenfonds aufzulegen und damit auch den Länderfinanzausgleich nachhaltig zu entkrampfen? Wer wollte Einwände erheben, wenn der Bund seinen Anteil in die angeblich marode Infrastruktur steckt und dafür auf die unselige Maut verzichtet?

Die Bürger sollten sich jedenfalls einmischen, ihre Meinung äußern und die Verteilung des Kuchens nicht allein den Politikern überlassen. Zugleich sollte der Bund von der Vorstellung Abschied nehmen, die "Soli"-Milliarden gehörten ihm alleine. Wenn schon Wortbruch, dann wenigstens mit einem Ansatz, der so vernünftig ist, dass alle etwas davon haben.

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