Die Bahn baut - endlich

Die schlechte Nachricht für Bahnfahrer: Im kommenden Jahr werden zahlreiche Baustellen die Fahrzeit für mehrere Zugverbindungen in Deutschland verlängern. Die gute Nachricht: Die zahlreichen Baustellen sind Teil eines großen Programms, mit dem die Bahn endlich den erheblichen Investitionsstau der vergangenen Jahre wieder auflösen will.Vor allem im Zuge des geplanten Börsengangs hatte die Bahn die Sparschrauben angezogen und notwendige Ausgaben für das Streckennetz zurückgestellt.

Die Folge: marode Weichen, alte Gleisbetten, kaputte Brücken. Jetzt will Bahnchef Rüdiger Grube 28 Milliarden Euro in die Modernisierung eben dieser Infrastruktur stecken. Geht die Planung der Bahn auf, werden sich die Unannehmlichkeiten für Kunden in Grenzen halten. Denn mittlerweile hat das Unternehmen gelernt, die Beeinträchtigungen mittels Nachtbaustellen, Umleitungen und koordinierter Nutzung nur einer Fahrspur einzudämmen.

Es ist höchste Zeit, dass die Bahn verstärkt in ihre Qualität investiert. Durch die wachsende Konkurrenz der Fernbusse ist der Konzern erheblich unter Druck gekommen, sein Angebot wieder aufzuwerten. Denn letztlich ist es ein Rechenexempel, auf dem die Entscheidung zwischen Bahn und Fernbus fußt. Während der günstigere Preis für den Bus spricht, gibt meist die kürzere Fahrzeit den Ausschlag für die Schiene. Dass die Bahn 2014 trotzdem rund 60 Millionen Euro Umsatz an die Fernbusse verlor, mag auch daran liegen, dass Bahnkunden stets fürchten müssen, durch Verspätungen und verpasste Anschlüsse den Vorteil kürzerer Fahrzeiten wieder einzubüßen.

Bahnchef Grube, der nach Jahren ordentlicher Erträge im vergangenen Jahr erstmals mit einem Verlust von mehr als einer Milliarde Euro konfrontiert war, hat den Druck erkannt, das Unternehmen wieder auf Qualität auszurichten. Die Streckensanierungen, die auch die Zuverlässigkeit steigern sollen, sind da nur ein Baustein. Auch eine Digitalisierungs-Offensive gehört zum Zukunftsprogramm. Damit geht die Bahn das wichtige Thema Service an: Geänderte Wagenreihungen lassen sich dann sofort am Gleis anzeigen, Kunden bekommen die meist unverständlichen Ansagen am Bahnsteig zum Nachlesen auf ihr Handy geschickt, theoretisch können sie sich auch per App einen Kaffee an den Platz bestellen.

Solche Spielereien können aber nur der Anfang sein. Umfassender Service wird letztlich über den Erfolg der Bahn entscheiden: Solange Fahrgäste bei Verspätungen nicht mehr erwarten können als das Warten auf einem kalten Bahnsteig, verfallene Reservierungen in ihren Anschlusszügen und den Antrag auf eine Rückerstattung, so lange hat die Bahn ihre Hausaufgaben noch nicht erledigt.

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