Die Arithmetik spricht gegen Hillary Clinton

Phoenix/USA. Der Vorwahlkampf der US-Demokraten hat sich zu einer offenen Feld- und Schlammschlacht entwickelt, bei der die Parteifreunde Barack Obama und Hillary Clinton einen erbarmungslosen Stellungskrieg führen

Phoenix/USA. Der Vorwahlkampf der US-Demokraten hat sich zu einer offenen Feld- und Schlammschlacht entwickelt, bei der die Parteifreunde Barack Obama und Hillary Clinton einen erbarmungslosen Stellungskrieg führen. Die Tonart hat dabei eine Schärfe angenommen, bei der jene, die sich auf die Seite Obamas schlagen, mittlerweile damit rechnen müssen, öffentlich vom Clinton-Lager als "Judas" bezeichnet zu werden. Oder Mitarbeiter der Gegenseite im Handumdrehen als Rassisten gebrandmarkt werden. Hunderte Unterstützer beider Kandidaten sind damit beschäftigt, möglichst peinliche Details aus der Vergangenheit auszugraben, um diese dann als Munition in Richtung Gegenseite zu verfeuern. Doch gelegentlich helfen auch die US-Medien dabei, die Kriegstrommeln in Bewegung zu halten. Als schmerzhafte Salve entpuppte sich dabei jetzt jener Streifen aus den Archiven des Fernsehsenders CBS, auf dem Hillary Clinton im Jahr 1996 in aller Ruhe über ein Rollfeld in Bosnien schreitet und dort von einem Empfangskomitee freundlich begrüßt wird. Diese Aufnahmen konterkarieren jedoch die dramatische Darstellung der früheren First Lady, sie habe damals mit Schutzweste über den Flugplatz rennen müssen, um dem Feuer von Scharfschützen zu entkommen. Clinton sah sich nun zu der Entschuldigung gezwungen, sie habe sich "falsch artikuliert". Über die Tatsache, dass Hillary Clinton bereits mehrfach versucht hat, ihre außenpolitischen Aktivitäten an der Seite ihres Präsidenten-Gatten zu beschönigen, berichten die amerikanischen Medien derzeit täglich unter wechselndem Blickwinkel. Auch Barack Obamas Freundschaft mit einem Pfarrer, der von der Kanzel gelegentlich Amerika die Schuld an den Anschlägen vom 11. September gibt, ist weiter ein Thema, obwohl es dem Kandidaten in Umfragen nicht besonders zu schaden scheint. Doch was vom Großteil der Medien ignoriert wird, ist die Tatsache, dass hier unermüdlich Schläge oberhalb und unterhalb der Gürtellinie ausgeteilt werden, obwohl die Kandidatenfrage doch längst mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit entschieden ist. Nur wenige Kommentatoren - so wie der für die liberale "New York Times" schreibende Konservative David Brooks - haben den Mut, in Beiträgen die Luft aus jenen Reifen zu lassen, die die Saga eines historischen Duells zweier außergewöhnlicher Kandidaten weiter am Laufen halten. Die Gründe für diese seltene Klarheit sind vielfältig. Der erste und wichtigste: Aufgrund des Wahlsystems bei den Demokraten, das auch den Verlierer einer Vorwahl noch mit einer - anteiligen - Delegiertenzahl versorgt, hat Hillary Clinton nach menschlichem Ermessen keinerlei Chance mehr, Barack Obama noch zu überholen. Auch ein Sieg in Pennsylvania am 22. April, der nächsten Vorwahlstation, würde daran nichts mehr ändern. Und jene "Super-Delegierten", die über ihre Kandidatenpräferenz frei entscheiden können und die von beiden Lagern heftig umworben werden? Die meisten dieser Partei-Honoratioren und Amtsträger seien mittlerweile, so berichtet das Magazin "The New Republic", dem Ruf der demokratischen Kongress-Sprecherin Nancy Pelosi gefolgt und würden jenen Bewerber unterstützen, der zum Ende des Vorwahl-Marathons am 6. Juni in der Zahl der gewählten und in ihrem Stimmverhalten gebundenen Delegierten vorn liegt. Also, folgt man mathematischer Logik, Obama.

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