Weltsicherheitsrat Friedensmacht Deutschland?

New York/Berlin · Außenminister Heiko Maas hat sich kurz vor Weihnachten mit seiner vielleicht abenteuerlichsten Reise seit Amtsantritt auf den Einzug Deutschlands in den Weltsicherheitsrat vorbereitet. Drei Tage lang war er mit einer Transall im einst überwiegend von der Terrororganisation IS beherrschten Irak unterwegs – teils mit einer Splitterschutzweste.

  Heiko Maas während seiner Irak-Reise kurz vor Weihnachten.

Heiko Maas während seiner Irak-Reise kurz vor Weihnachten.

Foto: dpa/Jens Büttner

Nach neun Monaten als Außenminister wurde es auch höchste Zeit, dass Maas ein echtes Krisengebiet sieht. Denn wenn Deutschland ab dem 1. Januar zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder im wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen sitzt, geht es vor allem darum: Krisen, Krisen, Krisen.

Die Bundesregierung hat sich zwar für die nächsten zwei Jahre die Schwerpunktthemen Rüstungskontrolle, Klimawandel, Schutz humanitärer Helfer und die Rolle von Frauen bei der Konfliktbewältigung vorgenommen. Das Tagesgeschäft dürfte aber durch die Lage in Syrien, im Jemen oder auch in Nordkorea bestimmt werden. Für Deutschland wird das eine Bewährungsprobe. Seit Jahren wird diskutiert, wie viel Verantwortung das bevölkerungsreichste und wirtschaftsstärkste Land Europas in der internationalen Politik übernehmen kann, will, muss.

Was das finanzielle Engagement angeht, wird Berlin diesen Erwartungen schon gerecht. Es zahlt nach den USA, China und Japan den größten Beitrag zum regulären UN-Budget sowie zu den weltweiten Friedenseinsätzen. Bei den diplomatischen und militärischen Bemühungen um Krisenbewältigung und Friedenssicherung ist Deutschland dagegen eher in der zweiten Reihe. Eine Ausnahme ist die deutsch-französische Vermittlung im Ukraine-Konflikt, die allerdings bisher nur mäßigen Erfolg hatte. Am Kampf gegen den IS beteiligt sich Deutschland zwar mit Militärausbildern sowie Tank- und Aufklärungsflugzeugen. An Vergeltungsschlägen für Chemiewaffenangriffe will die Bundesregierung dagegen anders als Großbritannien und Frankreich nicht teilnehmen.

Was die Zukunft Syriens angeht, hatte Berlin bisher wenig mitzureden – und das, obwohl die EU als direkter Nachbar mit dem Zuzug von Flüchtlingen zurechtkommen muss. Mit dem Rückzug der USA aus dem Bürgerkriegsland könnte die deutsche Rolle aber nun wichtiger werden. Erste Ansätze dafür gibt es: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war vor Wochen bereits bei einem Syrien-Gipfel mit Russland, der Türkei und Frankreich dabei. Und Maas ist seit Frühjahr Mitglied in einer Sechsergruppe westlicher Staaten, die sich mit dem Konflikt befasst. „Unsere Stimme wird im Sicherheitsrat noch mehr Gewicht bekommen. Wir werden uns auch vor schwierigen Entscheidungen nicht wegducken können“, sagt der Außenminister.

In New York kann er dafür auf einen seiner erfahrensten Diplomaten setzen: Christoph Heusgen, der als außenpolitischer Berater jahrelang mit Merkel durch die Weltgeschichte reiste und nun UN-Botschafter ist. Seine Erfahrung und Ausdauer wird der 63-Jährige in dem Gremium mit fünf ständigen und zehn wechselnden Mitgliedern gut gebrauchen können. Die Fronten sind verhärtet – Sitzungen zu Syrien, Nordkorea oder eben dem Iran enden oft ergebnislos oder mit knappen Statements.

Heusgen dürfte ab Januar vor allem den Schulterschluss mit seinem französischen Amtskollegen François Delattre suchen. Polen soll ebenfalls mit ins Boot geholt werden, auch wenn das mit der dortigen rechtskonservativen Regierung schwieriger wird. Die Bundesregierung will auf jeden Fall die Fahne des Multilateralismus im Rat hochhalten und dem „America first“ der USA ein „Together first“ entgegenhalten.

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