Des Deutschen liebstes Kind

Jetzt wird es heikel für viele Leser, vielleicht werden einige sogar richtig wütend werden. Es geht um einen Appell an die Autofahrer . Genauer gesagt um die Forderung, dass sie nicht mehr (so viel) Auto fahren sollen.

Die meisten werden jetzt einen Vogel zeigen. Und einige werden sagen: Ist der Fleischkonsum etwa nicht auch schädlich für das Klima?

Fakt ist: Jeder weiß - oder kann es mit einem Mausklick wissen -, dass die Welt es auf Dauer nicht aushalten wird, wenn alle so Auto fahren wollen wie wir. Leider wollen das aber fast alle, von Mexiko bis China. Und trotzdem gibt es hierzulande - von Ausnahmen abgesehen - nicht die geringste Bereitschaft, das eigene Verhalten zu ändern. Allerdings, in vielen Orten gibt es dazu auch schon nicht mehr die Möglichkeit, sondern bloß noch Straßen und keine Schienen oder Radwege.

Die Vernunft der Einzelnen wird die Welt nicht retten, mag jeder individuelle Verzicht auch löblich sein. So viele Kirchentage und Öko-Demos kann es gar nicht geben, zumal starke wirtschaftliche Kräfte immer neue Nachfrage erzeugen. Die meisten haben einen Geländewagen ja nicht, weil sie Förster sind. Sondern weil sie ihn sich leisten können. Und den Sprit, den er verbrennt, erst recht, wo er neuerdings wieder so billig ist, wo Diesel weniger als einen Euro kostet. Zwei Tonnen schwere Maschinen transportieren unter massiver Belastung der Umwelt ein 80-Kilo-Persönchen von A nach B. So richtig klug ist das nicht. Gilt trotzdem als schick. Neuester Trend aus den USA sind die noch schwereren Pickups. Für echte Großstadt-Cowboys.

Die Vernunft kann nur kollektiv einziehen, als Schwarm-Intelligenz. Und also über staatliche Entscheidungen. Wir sind nicht fähig, uns selbst einzuschränken, aber wohl fähig, bei Wahlen für Parteien zu stimmen, die den ausufernden Individualverkehr beschränken wollen. Weil der, nicht wahr, ja auch für uns Autofahrer unerträglich ist, wenn wir an seinen Straßen wohnen müssen, wenn unsere Kinder Angst haben müssen und wir um sie, wenn unsere Städte davon so dominiert sind, dass wir immer weit fahren müssen, um Ruhe zu finden. Vom Klimawandel nicht zu reden.

Wir sind fähig, für eine Verkehrspolitik zu stimmen, die uns das Umsteigen auf öffentliche Transportmittel erleichtert oder das Fahrradfahren. Hilft übrigens gegen Verfettung nach zu viel Fleischkonsum . Wir können für eine Politik votieren, die Elektroautos fördert oder Car-Sharing. Ist auch irgendwie schick. Ja, wir könnten unsere Gewohnheiten gemeinsam ändern und fänden das am Ende womöglich praktischer als heute, vielleicht sogar trendig. Wer das teilt, sollte bei der nächsten Wahl stärker als bisher auf die verkehrspolitischen Konzepte schauen und nicht zögern.

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