Derbe Klatsche für den AfD-Bundesvorstand

Saarbrücken · Acht Seiten umfasst das bislang unter Verschluss gehaltene Urteil des AfD-Schiedsgerichts zum vorläufigen Stopp der Auflösung des Landesverbandes Saar. Bislang sind nur Auszüge bekannt, doch die haben es in sich.

 Josef Dörr ist ab sofort kein Vorsitzender der AfD Saar mehr.

Josef Dörr ist ab sofort kein Vorsitzender der AfD Saar mehr.

Foto: Becker&Bredel

Was die Parteirichter zu Papier gebracht haben, ist eine derbe Klatsche für den Bundesvorstand - und ein Persilschein für den Landesvorsitzenden Josef Dörr und seine Entourage. Das Parteigericht stellte fest, "dass derzeit keine belastbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Vorstand des Antragstellers gezielt den Kontakt zu rechtsextremistischen Personen bzw. Organisationen gesucht hat". Mehr als eine "gewisse Blauäugigkeit oder Naivität" könne den Vorständen bislang nicht vorgehalten werden. Mit dieser Einschätzung dürfte auch der Antrag des Bundesvorstandes auf Parteiausschluss Dörrs und seines Stellvertreters Lutz Hecker kaum Aussicht auf Erfolg haben.

Erstaunlich ist, was das Parteigericht als entlastenden Umstand anführt: Die rechtsradikalen Gruppen, zu denen Dörr und Hecker Kontakt hatten, seien nicht in der Unvereinbarkeitsliste des Bundesvorstandes aufgeführt. Aus dem Saarland sind gemäß der Liste etwa die NPD , rechtsextreme Bands und die Neonazi-Kameradschaft "Sturmdivision Saar" für die AfD tabu. Im vorliegenden Fall geht es jedoch um die Freie Bürger-Union (FBU) und die Gruppen "Saarländer gegen Salafisten" (Sagesa) sowie "Patriotische Europäer sagen Nein" (PEsN). Bei FBU und Sagesa mischen ehemalige und aktuelle NPD-Größen mit, sie sind deutlich rechtsradikal. Mit wenigen Mausklicks kann das jeder halbwegs politisch Interessierte erkennen, Dörr & Co. aber brauchten mehrere Treffen dazu. Im vorigen Oktober musste Dörr sogar von der Spitze der rheinland-pfälzischen AfD daran gehindert werden, bei einer Demo der PEsN in Kaiserslautern zu reden. Dörr wäre dort an der Seite von Melanie Dittmer aufgetreten, die einmal bekannte, für sie sei es "völlig unerheblich", ob es den Holocaust gab. Dass sein Auftritt nicht zustande kam, dafür schäme er sich, zitierte der "Stern" aus einer E-Mail Dörrs an die Demo-Organisatorin Ulrike Reinhardt. Er hoffe, "dass wir dennoch in Verbindung bleiben und gemeinsam unseren wichtigen Zielen dienen können".

Der Bundesvorstand ist in der Causa Saarland abgetaucht. Doch die Patriotische Plattform, ein Zusammenschluss deutschnationaler AfD-Mitglieder, hat nun Teile des Urteils veröffentlicht. Im Vorstand der Gruppierung sitzen Leute wie Dubravko Mandic, der eine inhaltliche Nähe von AfD und NPD sieht und Barack Obama einen "Quoten-Neger" nannte. Die Plattform hat sich von Beginn an für Dörr ins Zeug gelegt, der Saar-Landesvorstand bedankte sich artig für die "Unterstützung aus ganz Deutschland".

Die Auflösung des Landesverbands Saar wird nach dem nun erst einmal beschlossenen Aufschub im Hauptverfahren aller Voraussicht nach keinen Bestand haben. Dafür spreche "eine erhebliche Wahrscheinlichkeit", so das Parteigericht. Erst jetzt kommt dem Bundesvorstand die Idee, dem Parteigericht eidesstattliche Versicherungen seiner Zeugen vorlegen zu wollen. Nutzen wird das wohl nicht mehr viel. Die Bahn für Dörr und Hecker ist frei. Sie können beim Landesparteitag an diesem Sonntag nicht nur ihrer Wiederwahl entgegensehen - sondern auch den Mandaten in Bundestag oder Landtag, die sie 2017 aller Voraussicht nach erringen werden .

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