Der Zukunfts-Kommissar

Meinung · Oettingers Botschaft an Europa war deutlich: Der Klima-Gipfel von Kopenhagen mag gescheitert sein, aber ich stehe dafür, dass wir weitermachen. Geschickt präsentierte sich der baden-württembergische Regierungsfürst als Mann mit Erfahrung vor Ort. Er will das Scharnier zwischen dem Flügel der Wirtschafts- und Finanzexperten und den Klimaschützern sein

Oettingers Botschaft an Europa war deutlich: Der Klima-Gipfel von Kopenhagen mag gescheitert sein, aber ich stehe dafür, dass wir weitermachen. Geschickt präsentierte sich der baden-württembergische Regierungsfürst als Mann mit Erfahrung vor Ort. Er will das Scharnier zwischen dem Flügel der Wirtschafts- und Finanzexperten und den Klimaschützern sein. Tatsächlich kommt da kein Grüner, sondern ein Konservativer, der eine Vision hat: Wenn Europa seinen Beitrag im Kampf gegen Erderwärmung und Erpressbarkeit bei der Energieversorgung gewinnen will, muss es auf moderne Technologie setzen. "Desertec", der Strom aus der Wüste, soll ebenso dazugehören wie die Kernkraft als Übergangstechnologie auf dem Weg zu Sonne, Wind, Wasser und Biomasse. Ökonomisch gesehen verlängert Oettinger damit genau den Ansatz "seiner" Kanzlerin, die eine umweltfreundliche Wirtschaft als Motor der Konjunktur sieht. Vielleicht hat Kommissionspräsident Barroso den Deutschen einen Gefallen getan, als er dem Baden-Württemberger dieses Ressort anvertraute, das Kritiker als zu klein und unbedeutend ansehen?Wenn es Oettinger wirklich gelingen sollte, sein Ressort zu einer Ideenschmiede für die Energieversorgung von morgen zu machen - und seine Betonung für mehr Forschung unterstreicht das -, könnte der Mann sein Kommissariat zu einer Schlüsselstelle aufbauen. Denn Europas Umgang mit Strom und Wärme wird zur zentralen Frage der Zukunft - sowohl mit Blick auf den Klimaschutz wie auch bei der Suche nach einer Lücke zwischen den Großmächten und deren Wirtschaft. Es ist unbestritten, dass China, Russland, die USA, Indien und Brasilien zu den Großmächten dieses Jahrhunderts zählen. Der engagierte Einsatz der EU für das Klima mit all seinen oft lästigen Auflagen für die Betriebe könnte zum Kapital für die Märkte von morgen werden. Kopenhagen hat gezeigt, dass außer Europa kaum jemand bereit ist, diesen Weg zu gehen. Daraus kann man eine Chance machen. Oettinger muss sie "nur" ergreifen. Die Frage wird allerdings sein, wie viel Freiheit der Stuttgarter in dieser Kommission haben wird, die Barroso ganz und gar präsidial auf sich zugeschnitten hat. Insofern muss sich der künftige Energie-Kommissar genau auf die Fähigkeiten besinnen, die ihm gestern den Beifall aller Fraktionen eingebracht haben: Integration aller Flügel, Moderation zwischen divergierenden Meinungen und Umarmung seiner Gegner. Dann ist nicht ausgeschlossen, dass der zunächst als Fehlgriff kritisierte "Landesfürst" am Ende doch zu einer zentralen Figur in Brüssel aufsteigen wird.

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