Der Währungsfonds als Sheriff ohne Colt

Istanbul. Grundsätzliches hat sich geändert: Anders als noch vor wenigen Jahren werden der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank heutzutage nicht mehr mit der Frage konfrontiert, ob die Welt sie eigentlich noch braucht. Insbesondere der IWF und sein Chef Dominique Strauss-Kahn gehören zu den klaren Gewinnern der globalen Finanzkrise

Istanbul. Grundsätzliches hat sich geändert: Anders als noch vor wenigen Jahren werden der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank heutzutage nicht mehr mit der Frage konfrontiert, ob die Welt sie eigentlich noch braucht. Insbesondere der IWF und sein Chef Dominique Strauss-Kahn gehören zu den klaren Gewinnern der globalen Finanzkrise. Der G-20-Gipfel von Pittsburgh ernannte den Währungsfonds erst vor wenigen Tagen zu einer Art Sheriff der Weltwirtschaft, Strauss-Kahn selbst spielt die Rolle des globalen Krisenmanagers mit staatsmännischem Auftreten und großem Selbstbewusstsein. Schließlich sollen seine Experten in Zukunft dafür sorgen, dass weltweite Verwerfungen im Wirtschaftsgefüge früh genug erkannt und bekämpft werden. Bei der Tagung beider Institutionen in Istanbul setzte sich der Franzose, der in seiner Heimat als Kandidat für die Präsidentschaftswahl im Jahr 2012 gehandelt wird, mehrmals als globaler Wirtschaftsweiser in Szene. Die Talsohle der Krise sei zwar durchschritten, sagte er. Aber der Aufschwung könne sich noch längst nicht alleine tragen. Für ein Ende der staatlichen Unterstützungsprogramme sei es viel zu früh.Doch in Istanbul blieben auch viele wichtige Fragen ungelöst. Und die werden Strauss-Kahn und seinem amerikanischen Kollegen von der Weltbank, Robert Zoellick, in den kommenden Jahren möglicherweise noch viel Kopfzerbrechen bereiten. So sollen die westlichen Industrienationen fünf Prozent ihrer Stimmrechte beim IWF und drei Prozent bei der Weltbank an aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China, Indien oder Brasilien abgeben. Die USA plädieren dafür, vor diesem Hintergrund den europäischen Stimmenanteil zu reduzieren. Doch dagegen regt sich Widerstand - auch Deutschland meldete Bedenken an. Womöglich droht deshalb ein Machtkampf hinter den Kulissen. Zudem hinkt der Währungsfonds selbst bei der Umsetzung interner Reformen hinterher. Strauss-Kahn räumte in Istanbul ein, dass die Ratifizierung der jüngsten Neuordnung der Stimmengewichte innerhalb der Organisation bisher erst zu einem Drittel abgeschlossen ist.Und auch die Weltbank hat Hausaufgaben zu erledigen. Ihr Präsident verlangte in Istanbul, seine Institution brauche mehr Geld, um die sozialen Folgen der Finanzkrise angehen zu können. Doch Zoellick weiß aus seiner Zeit im amerikanischen Finanzministerium in den achtziger Jahren recht genau, dass die Weltbank dafür noch viel Überzeugungsarbeit leisten muss. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist es nun mal nicht einfach, nationale Parlamente zu Finanzhilfen für eine internationale Organisation zu bewegen. Die US-Regierung ließ die Weltbank zudem wissen, sie erwarte künftig mehr Transparenz. Die größte Herausforderung kommt allerdings auf den IWF zu. Als neuer Oberaufpasser in der Weltwirtschaft hat der Währungsfonds zwar eine wichtige Rolle erhalten. Doch die ist gefährlich. Die amerikanische Regierung forderte den IWF in Istanbul auf, seine neue Kontrollfunktion rigoros auszuüben und den 186 Mitgliedsländern schonungslos zu sagen, wenn bei ihnen etwas schief läuft. Allerdings: Mehr als warnen kann der IWF auch in Zukunft nicht. Er ist ein Aufpasser ohne wirkliche Druckmittel. Für Strauss-Kahn dürfte also nicht jeder Auftritt auf der internationalen Bühne so glatt laufen wie der in Istanbul.

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