Der spendable Herr Singer lässt den Pleitegeier los

Washington · Der Mann, der Argentinien in den erneuten Bankrott trieb, war an anderer Stelle schon mal großzügiger. Der US-Investor Paul Singer gehört zu den Unterzeichnern von "Giving Pledge", einer von Microsoft-Gründer Bill Gates gegründeten Initiative, bei der Superreiche den Großteil ihres Vermögens für wohltätige Zwecke spenden.

Im Streit mit Argentinien lässt er dagegen jeden Edelmut vermissen: Singer fordert die Rückzahlung des vollen Werts der Staatsanleihen, die sein Hedgefonds NML Capital nach der ersten argentinischen Pleite vor 13 Jahren zum Spottpreis übernommen hatte.

Für seine Kritiker ist er ein rücksichtsloser Spekulant, eine Art kapitalistischer Aasgeier , der zahlungsunfähige Länder ausweidet. Singer selbst sieht sich als Ritter des freien Marktes. "Was Argentinien zustößt, ist selbst verschuldet, einer schrecklichen Regierungspolitik geschuldet", sagte er im Januar beim Weltwirtschaftsforum in Davos. Der 69-Jährige ist ein Selfmade-Milliardär, auch wenn er aus wohlsituierten Verhältnissen stammt. Aufgewachsen in einem Vorort von New York als eines von drei Kindern eines Apothekers und einer Hausfrau, studierte er zunächst Psychologie und promovierte dann in Jura an der Elite-Universität Harvard. Nach einer ersten Station als Anwalt bei einer Bank gründete Singer 1977 die Investmentfirma Elliott. Das Startkapital von 1,3 Millionen Dollar habe er sich damals bei Freunden und Angehörigen besorgt, schrieb die US-Zeitschrift "Fortune". Heute werden Singers private Besitztümer auf umgerechnet 1,1 Milliarden Euro geschätzt. Politisch bei den Republikanern beheimatet, weicht er in einem Punkt von der Parteilinie ab: Singer, dessen Sohn schwul ist, setzt sich mit Millionenspenden für die Homo-Ehe ein.

Seine Elliott Management Corporation, zu der NML Capital gehört, kontrolliert inzwischen ein Vermögen von gut 15 Milliarden Euro. Der Erfolg beruht auf der umstrittenen Aasgeier-Strategie: Die Fonds konzentrieren sich auf Schuldscheine von Pleite-Staaten und bankrotten Firmen, etwa des Auto-Zulieferers Delphi oder der Investmentbank Lehman. Als die meisten Anleger diese Papiere zu einem Bruchteil des Werts auf den Markt warfen, griff Singer zu. Später klagte er notfalls, um seine Ansprüche durchzusetzen. So investierte Singer in den 90er Jahren in peruanische Schrottanleihen und erstritt vor Gericht einen Millionengewinn. Peru werde "entweder voll bezahlen oder verklagt", sagte er damals.

Ähnlich kompromisslos verfährt Singer mit Argentinien. Den Schuldenschnitt, auf den sich Buenos Aires mit den allermeisten Gläubigern einigte, lehnt er ab. In dem fünfjährigen Rechtsstreit kämpfte der Investor mit harten Bandagen, ließ sogar ein Segelschulschiff der argentinischen Marine als Pfand festsetzen. Schließlich sprach ein New Yorker Bundesgericht der NML Capital und dem US-Hedgefonds Aurelius 1,3 Milliarden Dollar zu, alle Beschwerden Argentiniens scheiterten. Mittwochnacht lief die letzte Zahlungsfrist ab. Buenos Aires weigert sich allerdings weiterhin, die Geierfonds zu bedienen, und droht nun mit Klagen vor internationalen Gerichten. Dass Paul Singer sein Geld sehen wird, ist also keineswegs sicher.

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