Der richtige Präsident für eine Bananenrepublik

Washington · Dass das Rennen um die US-Präsidentschaft erst in der Nacht nach der Wahl gelaufen ist - geschenkt. Aber dass die Chancen für Donald Trump eher schlecht stehen, diese Prognose darf man jetzt wohl wagen. Bei der zweiten von drei TV-Debatten mit Hillary Clinton hätte er einen perfekten Auftritt hinlegen müssen, gerade am Tiefpunkt seiner Kampagne, nach der Veröffentlichung eines Videos, in dem er Frauen zu Sexobjekten herabwürdigte. Diese Glanzvorstellung ist ihm nicht gelungen.

Trump hätte echte Reue zeigen müssen, um den Schaden noch irgendwie zu begrenzen. Doch zur Demut scheint dieser Mann einfach nicht fähig, der zwar ungehemmt austeilen kann, aber zu dünnhäutig ist, um auch mal einzustecken. Die Entschuldigung, zu der sich der selbstverliebte Unternehmer im TV-Studio aufraffte, war allenfalls eine halbe. Sofort danach schaltete Trump auf Angriff um und warf seiner Kontrahentin in einem bizarren Gedankensprung vor, sie lasse im Kampf gegen den IS-Terror die nötige Härte vermissen.

Trumps treueste Anhänger mögen Gefallen an dem Auftritt gefunden haben. Sie sehen den großmäuligen Milliardär aus New York kurioserweise als eine Art Brechstange zum Aushebeln des verhassten politischen Establishments. Und jetzt hat er einmal mehr bewiesen, dass er gar nicht daran denkt, klein beizugeben. Was aus dem Aufruhr in den Reihen republikanischer Parteiprominenz wird, muss sich nun zeigen. Im Schock über das sexistische Video waren die Gedankenspiele, Trump in letzter Minute durch seinen Vize Mike Pence zu ersetzen, durchaus in den Bereich des Möglichen gerückt. Doch die Rebellion scheint vorerst abgeblasen.

Der entscheidende Punkt aber ist ein anderer: Bei den Frauen, die in den USA 52 Prozent der Wählerschaft stellen, hat der Macho aus dem Trump-Tower offenbar weiter an Boden verloren. Nach den Blitzumfragen meinen fast zwei Drittel der Wählerinnen auch nach dem halbherzigen Versuch der Schadensbegrenzung, dass es ihm an Respekt vor Frauen mangelt. Auch Trumps Masche, Hillary Clinton für die außerehelichen Affären ihres Mannes Bill verantwortlich zu machen, schlägt in weiblichen Wählerschichten nicht ein. Und weil Afroamerikaner und Latinos beiderlei Geschlechts dem Tycoon ebenfalls die kalte Schulter zeigen, ist kaum zu erkennen, woher die Mehrheit für einen Sieg am 8. November kommen sollte. Bauen kann Trump momentan nur auf die zornigen weißen Männer, die sich in ihrer Wut durch nichts beirren lassen. Deren Unterstützung aber wird kaum ausreichen, um ihm den Weg ins Weiße Haus zu ebnen.

Was wirklich schockiert und was hängenbleiben wird nach dieser TV-Debatte, ist das bedenkliche Demokratie-Verständnis des Baulöwen. Der Kontrahentin im Falle des eigenen Wahlsiegs mit einer Haftstrafe wegen ihrer E-Mail-Affäre zu drohen, bricht mit allen Konventionen. Solche Sätze tragen autokratische Züge. Dass Trump auf seinem politischen Feldzug gegen Clinton ohne Zögern die Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit der Gerichte ignoriert, entlarvt ihn als einen Mann, der die Grundsätze der Demokratie nicht akzeptiert. Der Staat und die Wahrheit und das Maß aller Dinge - das scheint für ihn nur einer zu sein: Donald J. Trump. Es hat etwas von einer Bananenrepublik, wie er die Dinge sieht.

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