Der Preis der Sicherheit

Meinung · Ein ehemaliger Schwerverbrecher, über den Gutachter sagen, von ihm gehe weiter eine latente Gefahr für das Leben von Menschen aus, musste im Saarland auf höchstrichterliche Anweisung aus der nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung entlassen werden. Walter H. genießt seit dem 12

Ein ehemaliger Schwerverbrecher, über den Gutachter sagen, von ihm gehe weiter eine latente Gefahr für das Leben von Menschen aus, musste im Saarland auf höchstrichterliche Anweisung aus der nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung entlassen werden. Walter H. genießt seit dem 12. Mai seine plötzliche und eigentlich unerwartete Freiheit - und wird seither von einem großen Polizeiaufgebot auf Schritt und Tritt überwacht. Der Fall um den früheren Sextäter stellt Politik und Polizei zweifellos vor eine besondere Herausforderung. Wie lange soll, kann und darf die ohnehin vor dem personellen Kollaps stehende Polizei den 61-Jährigen, der nach dem Gesetz ein freier Mann ist, observieren? Ministerpräsident und Justizminister Peter Müller sieht derzeit keine andere Möglichkeit, die Öffentlichkeit vor dieser Person zu schützen. Für den Steuerzahler ist das mit rund 12 000 Euro pro Tag gewiss ein hoher Preis für die Sicherheit. Ein Preis, den er bis auf Weiteres wohl aufbringen muss - mangels Alternative. Denn das Risiko scheint tatsächlich unkalkulierbar. Würde die Überwachung zurückgefahren oder komplett eingestellt und der Mann beginge eine weitere Straftat, dann stünden Polizei und Politik am Pranger. Guter Rat oder gar schnelle Taten sind in dieser eigentlich ausweglosen Situation von den höchsten Juristen des Staates nicht zu erwarten. Die widersprüchlichen Entscheidungen der Gerichte zu ähnlich gelagerten Fällen sind mit normalem Menschenverstand längst nicht mehr nachzuvollziehen. Im Saarland musste Walter H. auf freien Fuß gesetzt werden, weil der Bundesgerichtshof dies mit Verweis auf die Entscheidung des Europäischen Menschenrechts-Gerichtshofs verfügt hatte. In Rheinland-Pfalz dagegen bleibt ein gemeingefährlicher Straftäter hinter Gittern, weil für das Oberlandesgericht Koblenz das Machtwort der Europarichter in diesem Fall nicht greift. Unabhängig davon werden in den kommenden Jahren voraussichtlich 70 bis 80 bislang sicherungsverwahrte Schwerverbrecher in die Freiheit entlassen werden müssen. Acht davon haben Verbindungen ins Saarland. Akuter Handlungsbedarf ist also gegeben. Selbst wenn auf Bundesebene ein Gesetz zur nachträglichen Sicherungsverwahrung auf den Weg gebracht werden sollte, wird dies in Altfällen wie dem von Walter H. kaum weiterhelfen. Deshalb sollte der Vorschlag der saarländischen Polizeigewerkschaft, auf Landesebene eine präventive Ingewahrsamnahme im Polizeigesetz zu verankern, ernsthaft und sorgfältig geprüft werden. Es sei denn, juristische Bedenkenträger haben eine bessere Idee.

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