Der Neue will Türen für Vertriebene öffnen

Berlin/München · Eines stellt Bernd Fabritius gleich klar: Er will sich nicht verstecken und kein Leisetreter sein. "Ich bin mit Sicherheit nicht weniger kämpferisch", sagte der designierte Präsident des Bundes der Vertriebenen (BdV).

Und doch ist er ein ganz anderer Typus Politiker als Amtsinhaberin Erika Steinbach (CDU ), die am Samstag beim traditionellen "Tag der Heimat" in Berlin noch einmal im Mittelpunkt stand. Fabritius wirkt ruhiger, versöhnlicher. Im November soll er die seit 16 Jahren amtierende Präsidentin ablösen.

Der 49-Jährige will ein "Brückenbauer" sein. Auch wenn Fabritius nicht in die Kritik einstimmen mag, die es vielerorts an Steinbach gab und gibt: Er weiß, dass der Wechsel an der Verbandsspitze den Beziehungen zu einigen Nachbarstaaten gut tun dürfte. Vor allem in Polen war Steinbach wegen diverser Provokationen ein rotes Tuch - und der BdV gleich mit. Das will Fabritius ändern: "Ich denke, dass ich ohne diese Feindbild-Position in Polen einen neuen Dialog anstoßen kann." Das versteht Fabritius als eine seiner Hauptaufgaben, wenn er im November gewählt wird: Türöffner sein und so den verschiedenen Landsmannschaften helfen, mit Ländern wie Polen , Tschechien oder der Slowakei einen intensiveren Dialog zu führen. "Es ist wichtig, dass alle Seiten einen ehrlichen Blick auf die Geschichte werfen und dabei nichts ausklammern", sagt er.

Fabritius weiß, wovon er spricht: Er stammt aus Siebenbürgen in Rumänien und zählt sich deshalb sehr wohl zur "Erlebnisgeneration". Geboren wurde er 1965 in Agnetheln. Fabritius erlebte die Ceaucescu-Diktatur hautnah mit. "Ich wurde aus Schlangen vor Lebensmittelgeschäften geschubst, weil man meinen deutschen Akzent erkannt hat. Das alles kenne ich", erzählt er. Erst 1984 reist er mit seiner Familie nach Deutschland aus. Fabritius studiert zunächst Sozialverwaltung und Politik, anschließend Jura, und arbeitet seit 1997 als Rechtsanwalt. 2003 tritt er in die CSU ein, im vorigen Jahr wurde er - für viele überraschend - in den Bundestag gewählt.

In der Vertriebenenpolitik ist Fabritius, der mit einem Mann in eingetragener Lebenspartnerschaft lebt, schon länger aktiv: Er ist Bundesvorsitzender des Verbands der Siebenbürger Sachsen, seit 2008 sitzt er im BdV-Präsidium, seit 2010 als einer der Vizepräsidenten. "Es wird meine Aufgabe sein, Empathie für die Arbeit des BdV in Deutschland zu wecken", sagt er über seine künftige Aufgabe als Präsident und räumt ein: "Da gibt es meines Erachtens noch Defizite."

Seine Vorgängerin ist dagegen überzeugt, dass der Verband mittlerweile "in der Mitte der Gesellschaft" stehe. Bewusst setzt Steinbach beim "Tag der Heimat" aber noch einmal Reizpunkte: Den 8. Mai 1945 mag sie nicht Tag der Befreiung nennen. "In Mittel- und Osteuropa wurde der braune Hitler-Sozialismus nahtlos durch einen Kommunismus zunächst stalinistischer Prägung abgelöst", erklärt sie. Befreiung für ganz Europa habe erst der Mauerfall am 9. November 1989 gebracht. Beim Resümee ihrer Zeit an der BdV-Spitze gesteht Steinbach zwar stille Momente des Zorns über ungerechtfertigte Angriffe ein. Missen möchte sie aber keinen Tag ihrer 16 Amtsjahre.

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