Der neue Held junger rechter Israelis

Jerusalem. Zwei Wochen vor der israelischen Parlamentswahl befindet sich das Wahlbündnis des Likud-Blocks von Premierminister Benjamin Netanjahu und der Partei des Ex-Außenministers Avigdor Liebermann im freien Fall. Umfragen geben der gemeinsamen Liste nur noch zwischen 34 und 36 Mandaten der insgesamt 120. In besseren Zeiten wären sie gemeinsam auf 46 gekommen

Jerusalem. Zwei Wochen vor der israelischen Parlamentswahl befindet sich das Wahlbündnis des Likud-Blocks von Premierminister Benjamin Netanjahu und der Partei des Ex-Außenministers Avigdor Liebermann im freien Fall. Umfragen geben der gemeinsamen Liste nur noch zwischen 34 und 36 Mandaten der insgesamt 120. In besseren Zeiten wären sie gemeinsam auf 46 gekommen. Ein Grund für Netanjahus Misere ist das Betrugs-Gerichtsverfahren, das kurz vor den Wahlen gegen Liebermann eröffnet wird. Noch wichtiger aber dürfte Naftali Bennett sein. Der Chef der radikalen Partei Habait Hajehudi ("Das jüdische Haus"), einst einer seiner engsten Vertrauten, kostet Netanjahu Wählerstimmen vor allem bei den jungen, rechten Israelis.Der 40-jährige Ex-Unternehmer spricht aus, was viele denken. Der Konflikt mit den Palästinensern sei nicht zu lösen, deshalb solle sich die Regierung besser auf die internen Probleme konzentrieren. "Was ist wichtiger?", fragt er, "sinnlose Verhandlungen" mit Palästinas Präsident Mahmud Abbas oder die Senkung der Lebenshaltungskosten? Den Palästinenser-Staat werde und dürfe es nicht geben. Stattdessen will Bennett "die C-Zone", das rund 60 Prozent des Westjordanlandes umfassende Gebiet, in dem die israelischen Siedlungen liegen, annektieren. Gaza solle schrittweise Ägypten zugeschoben werden.

Obgleich er selbst nicht in einer Siedlung wohnt, genießt der Sohn jüdischer Einwanderer aus San Francisco, der eine gestrickte Kipa trägt, unter den Siedlern größte Sympathie. Er ist bekannt aus seiner Zeit als Vorsitzender des Dachverbands der Siedler und als Chef der außerparlamentarischen zionistischen Bewegung mit dem Namen "Israelis", die heute knapp 100 000 Mitglieder zählt. Den Vorsitz von Habait Hajehudi übernahm Bennett erst vor zwei Monaten. Kurz darauf schloss sich die rechtsnationale Liste Haichud Haleumi ("Die Nationale Vereinigung") mit der Partei zusammen.

Wie Netanjahu leistete Bennett mehrere Jahre Dienst in einem militärischen Sonderkommando. Persönlicher Wendepunkt war für den erfolgreichen Start-up-Unternehmer der zweite Libanonkrieg 2006. Netanjahu machte Bennett zu seinem Bürochef und setzte sich damit einen der schärfsten künftigen Gegner ins eigene Nest. Dass er den Befehl verweigern würde, wenn man ihn als Soldat Siedlungen räumen lasse, relativierte er, nachdem Likudpolitiker ihn als "verantwortungslos" geschimpft hatten.

Bennett steht für den israelischen Zeitgeist. Tradition, Familie, Patriotismus und Jüdischsein. Gleichgeschlechtliche Ehen passen ebenso wenig ins Konzept wie Firmen-Kartelle. Optimistische Umfragen geben der Partei bis zu 18 Mandate. Der vierfache Familienvater macht sich keine Illusionen über den nächsten Regierungschef. Netanjahu werde sicher Premierminister, die Frage sei nur, welche Koalition er zusammenstelle, sagt er. Nach den letzten Wahlen habe Netanjahu Ehud Barak (Ex-Chef der Arbeitspartei) in die Regierung geholt, sich für den Staat Palästina ausgesprochen und den Siedlungsbau eingefroren, sagt Bennett - "eine Katastrophe". Eine Stimme für ihn sorge dafür, dass sich so etwas nicht wiederhole. Foto: afp

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