Der ,,letzte Held der SPD“ nimmt Abschied auf Raten

Berlin · Klaus Wowereit geht. Berlins Regierender Bürgermeister will sich aus dem engsten Führungszirkel der Bundes-SPD zurückziehen.

Beim Bundesparteitag im November in Leipzig werde er nicht erneut als einer der fünf Stellvertreter von SPD-Chef Sigmar Gabriel kandidieren, sagte er nur drei Tage nach seinem 60. Geburtstag. Knapp zwei Wochen nach der Bundestagswahl mit dem erneut schlechten Abschneiden der SPD zieht Deutschlands dienstältester Ministerpräsident Konsequenzen. Vielleicht wird es nach seinem drastischen Popularitätsabsturz infolge des Flughafen-Desasters ein selbstbestimmter Abschied auf Raten.

Wowereits Hoffnungen, auf bundespolitischer Bühne eine größere Rolle zu spielen, haben sich nicht erfüllt. Im Sommer 2009 hatte das Magazin "Stern" Wowereit noch wegen seiner offenen Art, seines gelungenen Regierungsexperiments mit der Linkspartei und seiner gewonnenen Wahlen zum "letzten Helden der SPD" ausgerufen. Mehrmals war er als SPD-Kanzlerkandidat gehandelt worden. Davon war 2013 keine Rede mehr.

"Es sind nun mal andere dran", sagt Wowereit heute. Wer, sagt der Taktiker nicht. Klar ist nur, Berlins ehrgeiziger SPD-Vorsitzender Jan Stöß (40) möchte als Beisitzer in den über 40 Mitglieder starken SPD-Vorstand aufrücken.

Wowereit sei nicht zum Kandidaturverzicht gedrängt worden, heißt es. Dabei sah es bis zum Sommer ganz danach aus, als ob die aufstrebenden Kronprinzen den lang gedienten König vom Thron schubsen wollten.

Im Januar hatte sich Wowereit den größten Imageschaden seiner von vielen Hochs und Tiefs geprägten Karriere selbst eingebrockt. Als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft musste er das neuerliche Scheitern seines Prestigeobjektes eingestehen. Blass und einsilbig verkündete Wowereit, dass die Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens zum vierten Mal verschoben werden musste. Den Vorsitz im Aufsichtsrat legte er nieder. Auf die Schmach folgte ein fast beispielloser Absturz in der Beliebtheit. Inzwischen hat er minimal Boden gut gemacht. In der Berliner SPD breitet sich dennoch Unruhe aus. Unter Genossen und in den Medien wurde unverhohlen diskutiert, wer wann Wowereit ablösen könnte. Das junge Spitzenduo - Stöß und SPD-Fraktionschef Raed Saleh (36) - läuft sich seitdem warm. Doch wer es dereinst wird, ist noch nicht ausgemacht.

Nach außen hin steht Wowereit heute wieder deutlich gestärkter in der eigenen Partei da. Wer an seinem 60. Geburtstag die Elogen auf seine zwölfeinhalb Jahre Regierungszeit an der Spitze des Berliner Senats gehört hat, fragt sich, ob seine Stellung je lädiert war. Als Zeichen seiner unumstrittenen Machtstellung schenkte die Fraktion ihm eine blaue Melone. "Er hat den Hut auf", sagte Saleh dazu. Auch Sigmar Gabriel lobte seinen Genossen über den grünen Klee, rühmte seine Nähe zu den Menschen, sein Gespür für deren Probleme. Zwischendurch fragte sich der SPD-Chef selbst, warum er einen so harten und charmanten Verhandler nicht in die Kommission für die Sondierung mit der Union genommen habe. Die Antwort blieb Gabriel schuldig.

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