Niedergang der Les Républicains Eine konservative Partei auf der Intensivstation

Paris · Es hat einige Tage gedauert, bis die Partei Les Républicains (LR) aus ihrer Schockstarre erwacht ist. Mit gerade einmal 8,44 Prozent der Stimmen wurde die Schwesterpartei von CDU und CSU bei der Europawahl von den Wählern geradezu pulverisiert.

 Laurent Wauquiez, Chef von Les Républicains, ist nach dem Wahldebakel zurückgetreten.

Laurent Wauquiez, Chef von Les Républicains, ist nach dem Wahldebakel zurückgetreten.

Foto: dpa/Eddy Lemaistre

Doch mit einigem Abstand und jeder Wortmeldung aus den verstörten Reihen der Konservativen wird die Dramatik der Situation erst wirklich deutlich. Die konservative Partei ist innerlich bis aufs Blut zerstritten. Die Themensetzung ist eher ohne klare Konturen, und es scheint, dass selbst der innerste Zirkel nicht mehr sicher ist, für welche politischen Ziele die Partei, die bis Mai 2015 noch UMP hieß, überhaupt steht.

Erleichterung herrscht unter den Mitgliedern nur darüber, dass der offensichtlich verhasste Parteichef Laurent Wauquiez zurückgetreten ist. Er sei bis zuletzt beratungsresistent gewesen und habe wichtige Entscheidungen im Alleingang gefällt, heißt es – längst nicht mehr hinter vorgehaltener Hand.

Doch wie geht es bei Les Républicains nun weiter? Alles wird diskutiert, selbst die Selbstauflösung der konservativen Partei steht im Raum. Die politische Konkurrenz schielt bereits auf das Fell des taumelnden Bären. „Wir reichen allen Mitgliedern und Wählern des LR die Hand“, schreibt Marine Le Pen auf Twitter. Die Chefin des rechtsradikalen Rassemblement National begrüßt alle, die mit ihr die „Identität Frankreichs schützen und das Land zu seiner alten Größe zurückführen wollen“.

Politiker der liberal-konservativen Präsidenten-Partei La République en Marche warnen die Anhänger von Les Républicains hingegen, den Sirenengesängen von Marine Le Pen zu erliegen und bieten den Versprengten ihrerseits eine neue Heimat.

Als eine Art gemäßigte Variante der Selbstauflösung wird von manchen Politikern die Neugründung einer konservativen Partei in Betracht gezogen. Das Argument: Es habe keinen Sinn, in den alten Strukturen zu neuen Ufern aufzubrechen.

Noch will diesen Schritt aber keine wagen, und Les Républicains kämpfen weiter ums politische Überleben. Um handlungsfähig zu bleiben, soll nun ein Nachfolger für den zurückgetretenen Parteichef Laurent Wauquiez gefunden werden. Das Problem: Es gibt keinen natürlichen Erben für das Amt an der Spitze.

Der ehemalige französische Arbeitsminister und Les-Républicains-Abgeordnete Éric Woerth bringt in dieser Situation ein „Direktionskollegium“ ins Spiel. „Das hätte den Vorteil, dass kein Krieg um den Chefposten ausbrechen würde“, erklärt er. Andere halten diesen Vorschlag schlicht für „Unsinn“. Schon einmal hatten sich die französischen Konservativen während einer Führungskrise im Jahr 2014 für ein Dreier-Kollegium an der Spitze entschieden, was damals in einem  politischen Debakel endete.

Allzu viel Zeit können sich die Konservativen bei ihrer Sinnsuche nicht lassen. Im kommenden Frühjahr stehen in Frankreich Kommunalwahlen an. Und viele der Bürgermeister, die der Partei Les Républicains angehören, bangen nach dem Debakel bei der Europawahl um ihre Posten. Sollte es nicht gelingen, Les Républicains schnell wiederzubeleben, sind sie vermutlich die ersten, die der konservativen Partei endgültig den Rücken kehren würden.

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