Der Held der Linken lässt nicht locker

Washington · Bernie Sanders denkt nicht daran, das Handtuch zu werfen. Kaum sind die Ergebnisse der New Yorker Vorwahlen verkündet, kaum steht fest, dass er klar verloren hat, schickt er eine trotzige E-Mail an seine Anhänger. "Jede große Bewegung der amerikanischen Geschichte sah sich mit ähnlichen Hürden konfrontiert", schreibt der 74-Jährige aus Vermont. Wenn er bei den Vorwahlen am nächsten Dienstag gut abschneide und zum furiosen Endspurt ansetze, könne er durchaus noch vorbeiziehen an Hillary Clinton .

Nächste Woche stehen Abstimmungen in fünf Bundesstaaten an. In dreien - Connecticut, Pennsylvania und Rhode Island - rechnet sich Sanders gute Chancen aus, während Delaware und Maryland eher als Clinton-Hochburgen gelten. Auf der Schluss etappe am 7. Juni ist dann Kalifornien an der Reihe. An dieses Datum knüpft der eisern kämpfende Außenseiter all seine Hoffnungen: Im "Golden State" am Pazifik werden allein 475 der 4763 Delegierten bestimmt, die beim Parteitag im Juli den offiziellen Kandidaten der Demokraten fürs Weiße Haus küren.

Clinton, die Favoritin, sieht die Sache freilich anders. In New York fuhr sie mit 58 Prozent der Stimmen einen deutlichen Sieg ein. Ihren Kontrahenten empfindet sie - überspitzt formuliert - nur noch als Störfaktor, den allein seine Sturheit daran hindert, der Realität ins Auge zu schauen und zu kapitulieren. Der Sieg sei in Sicht, rief Clinton ihren jubelnden Anhängern zu. Es reiche eben nicht aus, Probleme nur zu diagnostizieren. "Man muss auch erklären, wie man Probleme zu lösen gedenkt", stichelte die 68-Jährige. Je länger der Wahlkampf dauert, desto schärfer zeichnet sie diesen Kontrast: Hier Sanders, der Theoretiker mit seiner Fundamentalkritik am politischen System. Da die Praktikerin Clinton, die auf die Politik der kleinen Schritte setzt, statt Maximallösungen zu fordern.

Mit ihrem Triumph in New York beendet Clinton eine Durststrecke, die ihr Nervenkostüm zuletzt arg strapaziert haben dürfte. Sanders hatte zuvor acht von neun Vorwahlen in Folge gewonnen. Nun aber bleibt als nüchternes Fazit: Die Welle der Begeisterung, die der Held der Linken mit seinen idealistischen Reden insbesondere unter den Jungen auslöste, reicht nicht aus, um der Favoritin Paroli zu bieten. Zum einen, weil Clinton fast alle Lokalgrößen der Demokratischen Partei hinter sich wusste. Zum anderen, weil sich viele Afroamerikaner und Hispanics noch immer nicht erwärmen können für den Helden der weißen College-Jugend. David Dinkins, der erste schwarze Bürgermeister von New York, warf Sanders gar vor, mit leeren Versprechen zu werben. "Du kannst keine Revolution beginnen, wenn du keinen Plan hast", mahnte er.

Bei den Republikanern blieb Donald Trump mit klarer 60-Prozent-Mehrheit auf Kurs zur Nominierung, nachdem er vor zwei Wochen in Wisconsin unter die Räder gekommen war. Keiner seiner Kontrahenten, weder Ted Cruz noch John Kasich, kann ihn noch einholen in der Addition der Delegiertenstimmen, die im Juli in Cleveland über den republikanischen Bewerber fürs Oval Office entscheiden. Offen ist allerdings, ob Cruz und Kasich den Milliardär noch am Erreichen der magischen Zahl 1237 hindern können - sie markiert die absolute Mehrheit der Delegiertenmandate. Seriös beantworten lässt sich diese Frage vorläufig nicht.

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