Der CSU-Chef „vergrünt“ Staunen über Söders plötzliche Klima-Wandlung

München/Berlin · „Plötzlich grün“, „grünes Mäntelchen“, „grün, grüner, Söder“ – Medien wie politische Gegner staunen derzeit über die neuen Töne von CSU-Chef Markus Söder. Mit seinen Forderungen legt Bayerns Ministerpräsident dieser Tage einen auch für seine Verhältnisse bemerkenswerten Imagewandel hin: ein im Grundgesetz verankerter Klimaschutz, ein bundesweites Verbot für Plastiktüten oder Bayerns Umsetzung eines vorbildlichen Naturschutzgesetzes.

 Hinter der „Vergrünung“ von Markus Söder (CSU) steckt  offensichtlich ein Plan.

Hinter der „Vergrünung“ von Markus Söder (CSU) steckt offensichtlich ein Plan.

Foto: dpa/Lino Mirgeler

So bemerkenswert der Wandel auch ist – Söder bemüht sich, ihn als logische Konsequenz auf ein drängendes Thema darzustellen, welches der CSU wie den Grünen schon immer am Herzen lag: „Die Bewahrung der Schöpfung ist kein Parteithema, sondern das ist ein Thema, das uns ethisch verbindet“, sagt Söder zu Beginn im ARD-Sommerinterview. Und mehr noch ist dem Franken hier wichtig: Keineswegs mache er dies, um den immer stärker werdenden Grünen bei kommenden Wahlen Stimmen abzujagen: „Das wäre sehr kurzfristig gedacht.“

Seine Motivation sei eine andere, betont Söder gerne und positioniert sich bewusst zwischen den Extrempositionen der Klimawandelleugner von der AfD und den Grünen: „Ich möchte nicht, dass wir am Ende eine Spaltung der Gesellschaft haben.“ Für den Klimaschutz brauche es ein geschlossenes Konzept, das nicht nur für städtische Eliten, sondern für alle Bürger funktioniere und auch bezahlbar sei.

Trotz aller Beteuerungen – wer Söder in der aktuellen Debatte eine parteitaktische Strategie nach dem Motto „grün, grüner, Söder“ unterstellt, der liegt nicht gänzlich falsch. Bereits nach der Landtagswahl in Bayern im Oktober, bei der die Grünen zweitstärkste Partei wurden, machte der damalige CSU-Chef Horst Seehofer deutlich, dass sich seine Partei mehr um grüne Themen kümmern müsse. Angesichts des Höhenfluges der Grünen in Bayern und bundesweit greift der gewiefte Stratege Söder nun konsequenterweise die vor allem von der Jugend forcierte aktuelle Debatte um den Klimaschutz auf.

Der Ministerpräsident scheint damit Erfolg zu haben. Der jüngste ARD-Deutschlandtrend weist auf eine rasch wachsende Zufriedenheit mit seiner Arbeit hin. Und nach einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov unterstützt mehr als jeder zweite Befragte (58 Prozent) den Vorschlag zur Hervorhebung des Klimaschutzes im Grundgesetz. Auf der anderen Seite halten aber 55 Prozent Söder für unglaubwürdig. Möglicherweise auch deswegen, weil die CSU noch 2018 im Bundestag gegen einen entsprechenden Vorschlag der Grünen stimmte.

Hinter „Söders Vergrünung“ steckt also sehr wohl der Plan, die CSU nach Jahren der Wahlniederlagen wieder zurück in die Erfolgsspur zu bringen. Bei der bayerischen Landtagswahl 2023 will er das CSU-Ergebnis wieder (möglichst weit) über die 40-Prozent-Hürde hieven. Schon diese Aufgabe ist in Zeiten sich grundlegend verändernder Mehrheitsverhältnisse zulasten der alten Volksparteien alles andere als ein Selbstläufer. Gerade die Grünen sind aktuell die größte Herausforderung für die CSU. Hinzu kommt, dass die Grünen für CDU und CSU auf Bundesebene wegen der SPD-Krise schneller als vermutet zum Koalitionspartner werden könnten – thematische Überschneidungen wären da zumindest kein Hindernis.

Wie wird nun Söders Wandel in CSU und CDU aufgenommen? Das ist bei beiden Unionsschwestern nicht ganz unproblematisch. Insbesondere konservativere Kreise müssen hier noch abgeholt und mitgenommen werden, heißt es.

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