Der Brücken-Zerstörer

1 zu 3 640 000 000. So klein ist statistisch gesehen die Chance, in den USA von einem Flüchtling bei einem Terrorakt getötet zu werden. Diese Zahl sagt alles, was man über den Erlass von Donald Trump zum Flüchtlingszuzug und zum vorläufigen Einreiseverbot für Muslime aus sieben Ländern wissen muss. Es ist ein irrationales, mit heißer Nadel gestricktes Dekret, das zu Recht weltweit Empörung ausgelöst hat, lediglich auf maximalen PR-Effekt für eine hysterische Wählerschicht ausgelegt ist und viele Fragen aufwirft. Warum etwa wurde das ölreiche Saudi-Arabien, das einst 16 der 19 Terroristen bei den 9/11-Attacken gestellt hatte, verschont?

Der US-Präsident will sich im Eiltempo als starker Mann auf einem Gebiet profilieren, das eine Politik mit Augenmaß erfordert - und keine skandalösen Schnellschüsse. Unbegreiflich, dass nun selbst Greencard- oder Visa-Inhabern aus den betroffenen Staaten ohne vorherigen Antrag die Ein- oder Rückreise aus dem Urlaub verwehrt wird. Und dass sie so den Arbeitsplatz und die Existenz in den USA verlieren könnten.

Die Auswirkungen dieser radikalen Abschottungs-Politik dürfen nicht unterschätzt werden. Die USA sind ein von Einwanderern aufgebautes Land. Und noch nie hat ein Präsident die Brücken für Millionen Menschen über Nacht so zerstört wie Donald Trump . Dabei war die bisherige Flüchtlingspolitik schon restriktiv. Wer als Migrant anerkannt werden wollte, wurde durchschnittlich zwei Jahre lang von FBI und Heimatschutz auf Herz und Nieren geprüft.

Kein Wunder, dass nun der Trump-Beschluss von vielen als erster Schritt zum Bann für alle Muslime interpretiert werden wird. Der US-Präsident provoziert damit auch jene friedfertigen Muslime im Nahen und Mittleren Osten, die er eigentlich auf der Seite der USA wissen möchte - ein gefundenes Fressen und Propagandamaterial für den "Islamischen Staat". Hat Trump eigentlich einmal darüber nachgedacht, wie jene irakischen Soldaten seine Dekrete beurteilen und moralisch beeinflusst werden, die derzeit gemeinsam mit den USA gegen die Terroristen des "IS" kämpfen? Vermutlich nicht. So wie viele Entscheidungen, die der US-Präsident in den Tagen nach seiner Amtseinführung verlesen hat, stümperhaft zusammengeschusterte Produkte seiner überfordert wirkenden Berater sind - von der Mauerbau-Idee bis hin zu Strafzöllen, die am Ende nur auf den US-Verbraucher umgelegt werden würden. Doch nichts hat eine derart verheerende Außenwirkung wie seine jüngsten Dekrete. Die Vereinigten Staaten, die sich stets als Leuchtturm für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte präsentiert haben, beschreiten mit diesen skandalösen und inhumanen Beschlüssen einen gefährlichen Weg. Bye bye, Lady Liberty.

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