Der Brandstifter muss löschen

Die CSU scheint momentan zwar so sicher an der Macht zu sein wie eh und je. Doch ist der Abgrund nah. Zum einen macht ihr die Konkurrenz der AfD zu schaffen. Die ist in Bayern zwar noch nicht so stark wie andernorts, dennoch führt ihr Auftauchen dazu, dass die CSU ihre absolute Mehrheit zu verlieren droht. Und wenn die Christsozialen mit anderen koalieren müssen, womöglich sogar mit den verhassten Grünen oder der SPD , dann verlieren sie ihren Nimbus der Unbesiegbarkeit, dann sind sie eine Partei wie jede andere.

Das Gegenkonzept: Die CSU hat bei ihrem Parteitag am Wochenende in München mit den dort verabschiedeten Leitanträgen und dem neuen Grundsatzprogramm ihr konservatives Profil deutlich geschärft und sich für AfD-Anhänger wählbarer gemacht. Als "Mitte-Rechts" definiert Parteichef Horst Seehofer den Standort. Nur läuft das in der Flüchtlings- und Ausländerpolitik überhaupt nicht synchron mit der CDU . Seehofer hat seine Partei sogar so sehr gegen Angela Merkels Asylpolitik auf die Bäume getrieben, dass nicht mehr klar ist, ob ein gemeinsamer Bundestagswahlkampf überhaupt noch möglich ist. Viele möchten die Kanzlerin sogar abstrafen.

Nun ist es Seehofers Aufgabe, die Kluft zur CDU irgendwie wieder zu schließen, denn dass seine CSU bei der bayerischen Landtagswahl 2018 grandios siegt, wenn die Union als Ganze kurz zuvor bei der Bundestagswahl verliert, ist nicht eben wahrscheinlich. Seehofer versucht sein Glück, indem er seine Partei gegen eine angeblich drohende "Linksfront" in Deutschland positioniert - eine bewährte, aber auch recht plumpe Strategie in argumentativer Not. Der Brandstifter muss also Feuerwehrmann spielen.

Das zweite Problem ist, dass ausgerechnet in dieser heiklen Phase ein Generationswechsel ansteht. Seehofer geht irgendwann, aber wer kommt? Die Frage hat sich zu einem Kampf der Diadochen entwickelt, mit Finanzminister Markus Söder , Wirtschaftsministerin Ilse Aig ner, Innenminister Joachim Herrmann und dem Europapolitiker Manfred Weber in der Arena. Seehofer spielt mit ihnen. Sein letztes Manöver war die Ansage, Parteivorsitz und Ministerpräsidentenamt sollten künftig getrennt werden, und zwar schon 2017. Der neue Parteichef gehöre an den Kabinettstisch nach Berlin. Weil Söder das partout nicht will, ist er so erst einmal ausmanövriert.

Seehofer genießt die Wirkung seiner Winkelzüge mit geradezu diabolischer Freude, doch könnte sein Spiel leicht im Chaos enden, wie es der CSU schon einmal passierte: Nach dem "Putsch" von 2007 gegen den damaligen Parteichef Edmund Stoiber verlor sie im Jahr darauf die absolute Mehrheit und erreichte nur noch 43,4 Prozent. Ungefähr da steht die CSU derzeit in den Umfragen auch.

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