Der Arbeitslose geht vor

Meinung · Zwei Millionen Menschen in Deutschland kämpfen seit einem Jahr und länger vergeblich um ihre Würde und um Respekt: Sie wollen arbeiten, finden aber nichts. Immer wieder Bewerbungen, immer wieder Absagen. Ein Ritual, das viele in die Isolation und Verzweiflung treibt. Abhilfe gegen den Dauerfrust gäbe es vielleicht

Zwei Millionen Menschen in Deutschland kämpfen seit einem Jahr und länger vergeblich um ihre Würde und um Respekt: Sie wollen arbeiten, finden aber nichts. Immer wieder Bewerbungen, immer wieder Absagen. Ein Ritual, das viele in die Isolation und Verzweiflung treibt. Abhilfe gegen den Dauerfrust gäbe es vielleicht. An der Saar hat die Stiftung "Saarländer helfen Saarländern" in den vergangenen drei Jahren ein Konzept mit bisher so am Arbeitsmarkt noch nicht erprobten Ideen entwickelt. Beispielsweise wird eine Projektwoche vorgeschlagen, während der Experten aus verschiedensten Bereichen zusammenkommen: von Medizinern über Psychologen bis hin zu Unternehmern und Arbeitsberatern. Sie kümmern sich in dieser Projektwoche intensiv um Langzeitarbeitslose, stärken deren Selbstbewusstsein, fördern ihre Talente. Auch sieht das Konzept vor, dass Arbeitsmarkt-Spezialisten im gesamten Saarland - bis hinein in alle Stadtteile und Dörfer - unterwegs sind, um zu untersuchen, wo welche Beschäftigung angeboten wird und welche zusätzlichen Dienstleistungen notwendig sind. Alles wird dokumentiert, alles ist jederzeit abrufbar, um Arbeitslosen künftig schnell sagen zu können, wo sie gebraucht werden.Das Konzept sollte an der Saar grünes Licht bekommen und getestet werden. Zumal Langzeitarbeitslose auf jeden Strohhalm angewiesen sind, der ihre Lage ändern könnte. Noch stören sich jedoch viele Menschen (und offensichtlich auch viele Medien) an dem Namen, der das Konzept maßgeblich mitentwickelt hat: Peter Hartz. Der Name ist vorbelastet, vor allem durch die VW-Affäre. Und merkwürdigerweise verbinden viele Bundesbürger mit Hartz auch Sozialabbau und die Verarmung zahlreicher Menschen. Das stimmt so nicht wirklich. Denn seit Einführung der Hartz-Reformen ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland deutlich zurückgegangen. Doch das zählt derzeit nicht.In der Öffentlichkeit schlägt Hartz vor allem wegen der Ereignisse rund um VW immer noch viel Hass entgegen. Dass sogleich eine Protestlawine losgebrochen ist alleine bei der Ankündigung, er werde gemeinsam mit dem Chef der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, Otto-Werner Schade, das neue Konzept vorstellen, hätte wohl auch Hartz selbst nicht für möglich gehalten. Er wäre gut beraten, sich auch in den kommenden Monaten noch mit öffentlichen Äußerungen und Auftritten zurückzuhalten. Sollte sein Modell zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit ein Erfolg werden, wird spätestens dann wieder ein Stück Normalität im Umgang mit Peter Hartz einsetzen.

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