Demut statt Kraftmeierei

Meinung · Rumpeln muss es", hat der frühere Parteichef Erwin Huber einmal gesagt. CSU-Größen von Franz Josef Strauß bis Edmund Stoiber und Peter Ramsauer haben es jeweils zum Jahresanfang in Kreuth "rumpeln" lassen - in der Hoffnung, dass sich Freund und Feind ein wenig vor der Unberechenbarkeit des bayerischen Bergvolks und dessen "bundesweitem Anspruch" fürchten

Rumpeln muss es", hat der frühere Parteichef Erwin Huber einmal gesagt. CSU-Größen von Franz Josef Strauß bis Edmund Stoiber und Peter Ramsauer haben es jeweils zum Jahresanfang in Kreuth "rumpeln" lassen - in der Hoffnung, dass sich Freund und Feind ein wenig vor der Unberechenbarkeit des bayerischen Bergvolks und dessen "bundesweitem Anspruch" fürchten.2010 wird es schwer werden, das übrige Deutschland durch markige Sprüche aus den Tegernseer Bergen zu beeindrucken. Denn der bayerische Löwe hat im vergangenen Jahr arg (Mähnen-)Haare lassen müssen: Eine Serie katastrophaler Wahlergebnisse und das Desaster mit der Bayerischen Landesbank (Bayern-LB) haben den Nimbus der Unbesiegbarkeit und der Unfehlbarkeit der CSU schwer beschädigt, wenn nicht zerstört. Vor allem zwei Botschaften trichterte die CSU aus Kreuth dem Rest der Republik immer wieder ein. Erstens: Wir sind die Größten. Keine Partei regiert so lange mit absoluter Mehrheit und schafft jedesmal aufs neue 50 Prozent plus X. Zweitens: Bayern ist Spitze. Geringste Arbeitslosigkeit und Kriminalitätsrate, dynamischste Wirtschaft, solideste Staatsfinanzen. Doch diese Grundlagen für vollmundige Forderungen, Machtansprüche und Abkanzeleien sind dahingeschmolzen wie Eis in der Sonne: Die CSU braucht seit mehr als einem Jahr einen Koalitionspartner und um ihre Wirtschaftskompetenz ist es geschehen, seit die Schieflage der Bayern-LB die Staatsfinanzen ernsthaft in Bedrängnis bringt. Nach bewährtem Schema gab es zwar schon Versuche, auch dieses Jahr wieder den "Kreuther Geist" aus der Flasche zu holen, doch mit mäßigem Erfolg. Parteichef Horst Seehofer kanzelte persönlich Forderungen aus der zweiten Reihe nach einem "zweiten Vizekanzlerposten" für die CSU als "Gespensterdiskussion" ab und auch der neue CSU-Landesgruppenvorsitzende Hans-Peter Friedrich erntete mit seinem Rüffel in Richtung CDU-Kanzlerin Angela Merkel zumindest in der veröffentlichten Meinung überwiegend Spott. Nein, diese Art Politik zu machen, funktioniert heute nicht mehr. Die Zeichen der Zeit stehen für die CSU auf Demut, nicht auf Oberlehrertum. Die Gefahr ist groß, dass sich die Bayern-Partei durch Kreuther Kraftmeiereien lächerlich macht. Andererseits muss sie Profil zeigen, um sich zwischen der großen Schwester und der mächtig angewachsenen FDP zu behaupten. Der neue Landesgruppenchef Friedrich darf zeigen, ob er Kreuth auch ohne die kracherten G'schertheiten der früheren Jahre interessant und unverwechselbar gestalten kann.

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