Demagogie und Afghanistan

Meinung · Viele Kritiker des Afghanistan-Einsatzes, vor allem aus der SPD, sind in den vergangenen Monaten in das Land gefahren, um sich zu informieren. Fast alle kamen mit der Auffassung wieder, dass der Bundeswehreinsatz ebenso notwendig ist wie der zivile Wiederaufbau. Oskar Lafontaine war noch nie in Afghanistan. Solche Besuche seien doch nur inszeniert, sagt sein Sprecher

Viele Kritiker des Afghanistan-Einsatzes, vor allem aus der SPD, sind in den vergangenen Monaten in das Land gefahren, um sich zu informieren. Fast alle kamen mit der Auffassung wieder, dass der Bundeswehreinsatz ebenso notwendig ist wie der zivile Wiederaufbau. Oskar Lafontaine war noch nie in Afghanistan. Solche Besuche seien doch nur inszeniert, sagt sein Sprecher. Der Linksparteichef informiere sich lieber aus "unabhängigen" Quellen. Zum Beispiel bei Peter Scholl-Latour. Jawohl, Peter Scholl-Latour.Demagogisch ist, wenn einer wegen der populistischen Wirkung etwas sagt, von dem er weiß, dass es falsch ist. Lafontaines gestrige Äußerung, mit der geplanten Aufstockung der Afghanistan-Truppe um 1000 Soldaten hole sich die Bundesregierung "den Terror ins Land", ist eine solche Aussage. Auch, dass damit eine "militärische Eskalation" betrieben werde, und eine immer tiefere Verstrickung in einen "völkerrechtswidrigen Krieg" stattfinde, "in dem bisher schon Tausende unschuldiger Zivilisten ermordet wurden". Lafontaines Intellekt reicht aus, um zu wissen, dass Terroristen auch in unbeteiligte Länder kommen. Bali war so ein Beispiel. Oder Koblenz und Dortmund, wo Kofferbomben unschuldige Bahnreisende in die Luft jagen sollten. Wegen der Mohammed-Karikaturen in der dänischen Presse. Lafontaine weiß, dass der internationale Isaf-Einsatz nicht völkerrechtswidrig ist, weil ihn die demokratisch gewählte afghanische Regierung will, und auch kein Krieg, weil es um den Schutz des Wiederaufbaus vor den Übergriffen der Taliban geht. Er weiß auch, dass es die Taliban sind, die gezielt, und nicht aus Versehen, Zivilisten umbringen - Mädchen, die zur Schule gehen, Bürger, die wählen wollen, Polizisten, die ihren Job tun. Er weiß ebenso, dass die jetzt von Minister Jung geplante Aufstockung die Qualität des Bundeswehreinsatzes nicht ändert. Er bleibt Frieden sichernd, er bleibt auf den Norden beschränkt. Sein Vorschlag, alles Militär sofort aus Afghanistan zurückzuziehen und lieber mehr für den zivilen Wiederaufbau zu tun, ist eine intellektuelle Beleidigung jedes denkenden Menschen.Und trotzdem könnte er wirken, weil er so einfach klingt. Der Afghanistan-Einsatz ist gefährlich und nicht widerspruchsfrei. Aber er ist alternativlos, es sei dann, man wolle das Land den wilden Horden überlassen. Mit allen Folgen für uns hier in Deutschland. Die Bundesregierung täte gut daran, die Bürger sehr umfassend über ihre Ziele wie Schwierigkeiten aufzuklären. Gerade jetzt, wo noch mehr Soldaten dorthin sollen. Denn Oskar Lafontaines Kampagne läuft schon.

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