Das Revier alter, weißer Männer

Machosprüche, Gerüchte um angebliche Affären - die junge CDU-Politikerin Jenna Behrends hat mit einem offenen Brief über ihre Erlebnisse in der Berliner CDU eine Sexismus-Debatte ausgelöst. Prompt unterstellen ihr einige, aus reinem Kalkül und Karrieredenken an die Öffentlichkeit gegangen zu sein. Ob das zutrifft, lässt sich schwerlich beweisen. Es spielt aber auch keine Rolle, denn das Grundproblem bleibt, wie Reaktionen aus der CDU und anderen Parteien zeigen: Sexismus in der Politik ist real.

Und das wird sich auch nicht ändern, solange Politik das Revier alter, weißer Männer ist. Frauen , junge Menschen und Migranten sind unterrepräsentiert - und das obwohl die Politik eigentlich ein Querschnitt der Gesellschaft sein sollte. De facto ist sie eine Männerdomäne - nicht nur, aber besonders in der Union. Nur jedes vierte Parteimitglied ist eine Frau, das Durchschnittsalter liegt bei 60 Jahren.

Klar, wir haben eine Bundeskanzlerin, und immerhin sechs der 16 Kabinettsmitglieder sind Frauen . Aber Angela Merkel wurde anfangs nur herablassend als "Kohls Mädchen" bezeichnet, und vor drei Jahren wurde lautstark in Frage gestellt, dass Ursula von der Leyen Verteidigungsministerin werden kann - schließlich ist sie eine Frau.

Sexismus ist kein Flirten, kein spielerisches Herantasten an das andere Geschlecht - es geht um Macht. Wer einer Frau einen plumpen Spruch à la "süße Maus" aufdrückt, demonstriert seine Machtposition. Er macht deutlich, dass er sie nicht für voll nimmt und ihren Platz weit unter sich sieht.

Erst wenn es normal ist, dass (junge) Frauen mit am Tisch sitzen, als gleichberechtigte, ernstzunehmende Partner, werden auch die sexistischen Sprüche weniger. Dann werden auch die Männer kapieren, dass man einer Frau besser mit Respekt begegnet als gedanklich mit der Hand am Hosenschlitz.

Oft wird in diesem Zusammenhang das Argument laut, Frauen hätten kein großes Interesse daran, in die Politik zu gehen. Das mag stimmen, aber liegt das nicht zum Großteil am System? In der Lokalpolitik, wo politische Karrieren üblicherweise beginnen, muss man flexibel sein, muss nach Feierabend noch ins Gremium - ungünstig für Frauen , die sich um ihre Kinder kümmern wollen oder müssen. Kürzlich hat die CDU einen Beschluss verabschiedet, um ihre Sitzungen familienfreundlicher zu gestalten, etwa mit festen Anfangs- und Endzeiten. Ein Schritt in die richtige Richtung, aber es bleiben viele Hürden.

Die Union ist alt und männlich - in den anderen Parteien sieht es ähnlich aus. In ihrem eigenen Interesse sollten sie schauen, wie sie für Frauen und junge Menschen attraktiver werden, statt sie mit Sexismus zu verprellen.

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