Nach Treffen mit Hongkong-Aktivisten China macht einen Bogen um Heiko Maas

Berlin/Peking · Ein Treffen des Außenministers mit dem Aktivisten Joshua Wong aus Hongkong hat eine Eiszeit zwischen Peking und Berlin ausgelöst.

Außenminister Heiko Maas (SPD) hat sich den Zorn Pekings zugezogen.

Außenminister Heiko Maas (SPD) hat sich den Zorn Pekings zugezogen.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Chinas Außenminister macht einen Bogen um Berlin. Auf seiner Europareise in dieser Woche sollte Wang Yi eigentlich die deutsche Hauptstadt besuchen, um mit seinem Amtskollegen Heiko Maas (SPD) den regelmäßigen „strategischen und sicherheitspolitischen Dialog“ zu führen. Aber Chinas Top-Diplomat machte nur in zwei Nachbarländern Station: Erst ging es nach Frankreich, dann in die Schweiz. Schon in der letzten Septemberwoche ließ der chinesische Außenminister ein gemeinsames Frühstück am Rande der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York platzen.

Der Grund ist offensichtlich die Begegnung zwischen dem SPD-Politiker und dem jungen Anführer der prodemokratischen Bewegung in Hongkong, Joshua Wong, am 9. September in Berlin. China sah eine „schwere Einmischung in die inneren Angelegenheiten“. Erstmals seit vielen Jahren wurde sogar der deutsche Botschafter ins Pekinger Außenministerium bestellt. Von „Konsequenzen“ war die Rede.

Die lässt China Deutschland nun spüren. Es ist Teil eines Rundumschlags, mit dem Peking die weltweiten Sympathien für die Demonstranten in Hongkong eindämmen will. Das prominenteste Opfer ist die US-Basketball-Liga NBA. Der Manager der Houston Rockets, Daryl Morey, hatte sich den Ärger Pekings zugezogen, als er ein Bild mit den Worten „Fight for Freedom, Stand with Hong Kong“ (Kämpft für die Freiheit, unterstützt Hongkong) getwittert – und später wieder gelöscht – hatte. Chinas Basketballverband kündigte die Zusammenarbeit mit dem NBA-Team auf. TV-Übertragungen wurden abgesagt. Chinesische Unternehmen beendeten ihre Geschäftsbeziehungen mit der NBA. 

„Den Stein hochheben, nur um ihn auf seinen Fuß fallen zu lassen“, bemühen Kritiker des chinesischen Vorgehens ein bekanntes Sprichwort, um zu sagen, dass sich Peking damit nur selber schadet. „Je mehr Freunde China zu Feinden macht, umso einfacher wird es für die USA, eine breite Koalition aufzubauen, um Chinas Macht und Ambitionen einzudämmen“, schreibt der kritische amerikanische China-Professor Minxin Pei bei „Project Syndicate“.

Bisher galt Bundeskanzlerin Angela Merkel als beste Freundin Chinas in Europa, wo Deutschland Chinas größter Handelspartner ist. Im Handelskrieg der USA mit China wächst Deutschlands wirtschaftliche Bedeutung für China noch. Als Entgegenkommen Chinas wurde während des Besuchs der Kanzlerin Anfang September in Peking darüber diskutiert, ob Lieferungen deutscher Autobauer wie BMW und Mercedes aus Werken in den USA nach China von Strafzöllen ausgenommen werden könnten. Aber seither herrscht Funkstille.

„Es ist in der Tat so, dass wir jetzt für eine Weile in das diplomatische Tiefkühlfach gesteckt worden sind“, sagt Mikko Huotari vom Mercator Institut für China-Studien in Berlin.  Ein führender Wirtschaftsvertreter sagt dagegen, er sehe keine Hinweise, dass der Streit der deutschen Wirtschaft wirklich schadet.  Unter der Hand werde zudem signalisiert, dass alles nur „politisches Schauspiel“ sei.

Als erstes Mitglied der Bundesregierung seit Ausbruch der Verstimmung wird Umweltministerin Svenja Schulze Anfang nächster Woche nach Peking reisen. Die SPD-Politikerin kann testen, wie weit die Auswirkungen des Treffens zwischen Maas und Wong wirklich reichen. Allerdings gibt es ein Kooperationsforum, das vielleicht wirklich leiden dürfte: Der deutsch-chinesische Menschenrechtsdialog. Plötzlich hakt es mit einem Termin, was den Eindruck erweckt, als ob die Kontroverse als Vorwand dient, den in Peking ungeliebten Menschenrechtsdialog zu verschieben.

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