CDU auf der Suche nach Wirtschaftskompetenz

Berlin. Seitdem klar ist, dass in Hessen neu gewählt wird und Roland Koch beste Chancen hat, wieder Ministerpräsident zu werden, ist für manchen in der CDU eine Hoffnung zerplatzt. Es gab nicht wenige, die sich gewünscht hatten, dass Koch nach Berlin wechselt - ins Wirtschaftsressort für den glücklosen Michael Glos (CSU). Der Union fehlt es im Bund nämlich an ökonomischer Kompetenz

Berlin. Seitdem klar ist, dass in Hessen neu gewählt wird und Roland Koch beste Chancen hat, wieder Ministerpräsident zu werden, ist für manchen in der CDU eine Hoffnung zerplatzt. Es gab nicht wenige, die sich gewünscht hatten, dass Koch nach Berlin wechselt - ins Wirtschaftsressort für den glücklosen Michael Glos (CSU). Der Union fehlt es im Bund nämlich an ökonomischer Kompetenz. Weit und breit ist niemand in Sicht, der wirtschaftspolitische Inhalte überzeugend vertreten könnte. Koch, heißt es nach wie vor, hätte diese Lücke als neue Galionsfigur des wirtschaftspolitischen Flügels füllen können. "In der Finanzkrise allemal." Daraus wird jetzt nichts. Der Wirtschaftssachverstand der Union hat in der großen Koalition arg gelitten. Großer Frust hat sich beim entsprechenden Parteiflügel breitgemacht. Was gewiss auch daran liegt, dass der Einfluss auf die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende deutlich gesunken ist: Seit dem Abgang von Friedrich Merz gibt es in Berlin niemanden, der als Wirtschaftsexperte von Merkel wirklich gehört und respektiert wird. Parteivize Koch wäre so einer gewesen, und zugleich hätte er noch die konservative Flanke in der Union abgedeckt, die von Merkel ebenfalls vernachlässigt wird. "Es gibt bei uns eine ganze Reihe von Leuten, die sagen, so kann es nicht weitergehen", sagt jemand aus dem Fraktionsvorstand. Im Mittelstand wächst der Unmut, wie auch Merkel vor einigen Wochen beim Unternehmertag ihrer Partei zu hören bekam. Auslöser waren die Pläne zur Reform der Erbschaftssteuer. Längst gilt die Union nicht mehr als Schutzpatronin der kleinen und mittleren Betriebe. Man habe das Gefühl, dass die Sorgen der Mittelständler nicht mehr ernst genommen würden, musste sich Merkel sagen lassen. In der CDU-Zentrale klingelten darauf hin die Alarmglocken. Sollte sich dieser Eindruck weiter verfestigen, dann liefe die Union bei der Bundestagswahl 2009 Gefahr, dass ihre Stammklientel einfach zu Hause bliebe. So wie schon bei den Landtagswahlen in Hessen oder Niedersachsen. Zudem fehlt der Partei ein überzeugendes Konzept, wie sie auf die Folgen der Finanzkrise im nächsten Jahr reagieren will. Im schlimmsten Fall, wird bereits geunkt, könnten weitere vier Jahre große Koalition dazu führen, dass neben der CDU eine neue konservative Wirtschaftspartei entsteht - wie neben der SPD die Linke. Inzwischen droht sich die Enttäuschung bei den Schwarzen zu verselbstständigen. Diese Woche wollen in Berlin die drei großen Wirtschaftsvereinigungen der Union, Wirtschaftsrat, Parlamentskreis Mittelstand (PKM) und die Mittelstandsvereinigung (MIT), ein gemeinsames Zehn-Punkte-Strategiepapier für eine bezahlbare Energieversorgung in Deutschland vorstellen. Ein ungewöhnlicher Schritt, denn bislang kochten alle drei meist ihr eigenes Süppchen. Deren Chefs haben aber in den letzten Monaten mit massiver Kritik am mangelnden Wirtschaftsprofil der Union nicht gespart. Das schweißt offenbar zusammen. Darüber hinaus hat sich kürzlich ein neuer Klub der enttäuschten CDUler formiert. Er besteht aus einflussreichen Lobbyisten aller großen Wirtschaftsverbände mit christdemokratischer Vergangenheit, sei es als ehemalige Abgeordnete oder Mitarbeiter in Partei und Fraktion. Der Zulauf ist immens von Parteigängern, die "sehr deutliche Defizite" beklagen und wollen, dass die Union wirtschaftspolitisch besser aufgestellt ist.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Zahlreiche Blätter im In- und Ausland beleuchten am Wochenende erneut die Auswirkungen des Wahlsiegs von Barack Obama. So schreibt die Budapester Zeitung "Nepszava": Obamas Botschaft ist wirtschaftliche Regulierung und politische Offenheit. Eine Art Großm
Zahlreiche Blätter im In- und Ausland beleuchten am Wochenende erneut die Auswirkungen des Wahlsiegs von Barack Obama. So schreibt die Budapester Zeitung "Nepszava": Obamas Botschaft ist wirtschaftliche Regulierung und politische Offenheit. Eine Art Großm