Bush Nummer drei wirft den Hut in den Ring

Washington · Manchmal ist schon die Kulisse die halbe Botschaft, zumal in US-Wahlkämpfen mit ihrer perfekten Choreografie. Dass sich der Republikaner Jeb Bush das Miami Dade College aussuchte, um seine Kandidatur fürs Weiße Haus zu verkünden, soll Symbolwirkung haben.

Mit 170 000 Studenten ist Miami Dade nicht nur die größte Universität der USA. Es ist auch die Hochschule mit dem höchsten Anteil ethnischer Minderheiten. Neun von zehn Studenten sind Hispanics oder Afroamerikaner . Bush also illustrierte gestern Abend schon durch die Ortswahl, was er anders zu machen gedenkt als Mitt Romney , sein 2012 gescheiterter Parteifreund. Der stieß die Latinos mit kalten Sprüchen gegen illegale Einwanderung derart vor den Kopf, dass sie sich zu 71 Prozent für Barack Obama entschieden.

Amerikas Konservative können keine Präsidentenwahl gewinnen, wenn sie sich in erster Linie als Partei weißer, älterer Männer verstehen , wie sie den Kern der radikalen Tea-Party-Bewegung bilden. Bleiben sie auf Distanz zu den Hispanics, der am schnellsten wachsenden Wählergruppe, wird es wohl nichts mit der Rückkehr ins Oval Office . Ergo gibt Bush - zunächst - den Anti-Romney. Er will die Latinos zum Seitenwechsel bewegen, auch deshalb erzählt er bei jeder Gelegenheit von der Rebellion gegen den eigenen Clan: Noch als Teenager lernte er 1970 in Mexiko die 16-jährige Columba Gallo kennen, Tochter eines Kellners. Er heiratete sie, studierte Lateinamerikanistik in Texas und nicht Jura in Harvard oder Yale, wie es seine Eltern geplant hatten. Nachdem Columba drei Kinder geboren hatte, soll Bushs Vater schon mal herablassend von den "kleinen Braunen" gesprochen haben.

So gut sich die Biografie eignet, um bei den Hispanics Sympathiepunkte zu sammeln: Zunächst muss John Ellis Bush, genannt Jeb, den republikanischen Vorwahlmarathon überstehen. Das Kandidatenfeld könnte noch auf 15 Bewerber anwachsen. Und zumindest in der Vorrunde erwartet das Stammpublikum stramm konservative Hymnen, keine pragmatischen Töne. Jebs Bruder, den Ex-Präsidenten George W. Bush, würde die Basis dabei am liebsten so schnell wie möglich vergessen. Schon deshalb, weil er den Krieg im Irak "mit der Kreditkarte bezahlte", weil er die Staatsausgaben ausufern ließ und Billionenschulden anhäufte. Doch ohne das engmaschige Netzwerk seiner Familie könnte Jeb Bush nie die Spenden sammeln, die er für die wahrscheinlich teuerste Kampagne aller Zeiten braucht (rund 88 Millionen Euro gingen bereits vor dem offiziellen Startschuss ein). Selbst wenn er wollte - einen Bruch könnte er nicht riskieren. Das ist ein Grund, warum der 62-Jährige einen quälenden verbalen Slalom hinlegte, ehe er schließlich - nicht wirklich überzeugend - erklärte, er wäre nicht im Irak einmarschiert.

Auf Reisen in Europa warb er dann damit, eher für den umsichtige Stil seines Vaters zu stehen, nicht für die burschikose Art seines Bruders. In Amerika interessiert so etwas derzeit nur am Rande. Wichtiger ist die Frage, ob sich die Republik mit Bush III im Oval Office nicht allzu weit von ihrem anti-dynastischen Gründungscredo entfernen würde. Und ob die Republikaner nicht besser beraten wären, einen deutlich Jüngeren ins Rennen zu schicken gegen Hillary Clinton , die auf die 70 zugeht. Auch deshalb wählte der Kandidat zum Auftakt ein dynamisches Studentenmilieu. Auf seinen Wahlplakaten fehlt übrigens der Familienname. "Jeb!", steht dort nur, rubinrot auf weißem Grund.

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