Bunga Bunga, das war einmal

Rom · Sein größter Wunsch ist es, keine Geschenke zu bekommen. "Bitte nicht!", rief Silvio Berlusconi seinen Verehrern und Schmeichlern in einem Exklusivinterview mit dem hauseigenen Klatschmagazin "Chi" zu, kurz vor seinem heutigen 80. Geburtstag. Echte Freunde in der Politik? "Fällt mir keiner ein", konstatierte der viermalige italienische Ministerpräsident. Stattdessen scheint alles auf den Rückzug ins Private programmiert. Berlusconis fünf Kinder werden zur Feier in die Villa San Martino in Arcore bei Mailand kommen, dazu ein paar Vertraute sowie seine Freundin Francesca Pascale. Bunga Bunga, das war einmal.

 Bei gewissen Damen noch beliebt: Berlusconi, Anfang Juni. Foto: dpa

Bei gewissen Damen noch beliebt: Berlusconi, Anfang Juni. Foto: dpa

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Auch seine sechs männlichen Enkel hat er den Lesern von "Chi" präsentiert. Wie Orgelpfeifen posieren sie, natürlich mit ihm, dem sichtbar gealterten, aber zweifellos glücklichen Patriarchen im Hintergrund. Er wolle nun mehr Zeit mit der Familie verbringen. Das klingt so, als steuere die unglaublichste italienische Saga der vergangenen Jahrzehnte auf ihr Ende zu. "Mit der Operation ist mir bewusst geworden, dass ich ein Mann von 80 Jahren bin", sagt der Senior. Vier Wochen lang lag Berlusconi im Sommer nach einer Herz-OP im Krankenhaus. Seinen Fußballverein, den AC Mailand , verkaufte er jüngst nach China. Die von ihm gegründete Partei Forza Italia dümpelt in den Umfragen bei zehn Prozent. "Politik hat mich nie begeistert", behauptet der Medien-Unternehmer, dem immer noch drei Fernsehkanäle gehören. Die Leitung der Familienholding Fininvest hat seit 2005 seine älteste Tochter Marina inne, von der es immer wieder hieß, sie werde auch das politische Erbe des Vaters antreten. Er selbst sei 1994 nur deshalb Politiker geworden, "um den Aufstieg der Kommunisten zu verhindern", sagt Berlusconi. Ist es jetzt also wirklich vorbei?

Auch die italienischen Medien wissen nicht genau, wie ernst sie den Mailänder noch nehmen müssen, der in den vergangenen Jahren vornehmlich mit Prozessen oder wegen des Umgangs mit jungen Damen Schlagzeilen machte. Mit dem Rücktritt als Premier 2011 ging die Phase der politischen Verantwortung zu Ende, wenn man bei Berlusconi überhaupt von Verantwortung sprechen kann. Der Ex-Staatsanwalt Antonio Di Pietro ist überzeugt, Berlusconi sei bloß in die Politik gegangen, um der Justiz zu entkommen. Nach dieser Lesart war es nur folgerichtig, dass er 2013, als sein politischer Stern vehement zu sinken begann, wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde.

Doch der Ex-Cavaliere mischte und mischt weiter mit. Ein Reformpakt mit Ministerpräsidenten Matteo Renzi ließ Berlusconi 2015 platzen. Ernstzunehmende Nachfolger hat er immer zu verhindern gewusst. Auch Stefano Parisi, der derzeitige Kandidat, der das politische Erbe des Patriarchen antreten soll, spürt schon wieder Gegenwind. Am Ende zählt doch immer nur er, Silvio. Berlusconi verfügt immer noch über knapp 100 Abgeordnete im Parlament und verhindert eine echte Neugründung des konservativen Lagers in Italien. Als es neulich darum ging, das gerade erst verabschiedete Wahlgesetz neu zu verhandeln, bemerkte Renzi: "Mal sehen, was Berlusconi dazu sagt." Wie es heißt, sind dessen Unterhändler in diesen Tagen wieder besonders aktiv.

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