Bundeswehr könnte 2014 zur Berufsarmee werden

Berlin. Im Bundesverteidigungsministerium werden in den nächsten Monaten viele Überstunden anfallen. Generale und zuständige Planungsexperten lassen keinen Zweifel daran, dass ihr Chef Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) "sehr schnell" die neue Bundeswehr aus der Taufe heben will

Berlin. Im Bundesverteidigungsministerium werden in den nächsten Monaten viele Überstunden anfallen. Generale und zuständige Planungsexperten lassen keinen Zweifel daran, dass ihr Chef Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) "sehr schnell" die neue Bundeswehr aus der Taufe heben will. Der Prüfauftrag des Sparkabinetts zur Verkleinerung der Streitkräfte werde bis September "auftragsgemäß erfüllt". Es müssten die verschiedensten Modelle geprüft werden. Die Formel für den Prüfauftrag bezieht sich nach Angaben der Offiziere und Planer auf die Themen "Personal, Material, Standorte". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat eine klare Marschrichtung für den Minister und die Militärs herausgegeben: Nicht kleckern. Es müsse "wesentliche, keine marginalen Veränderungen" für die Bundeswehr geben. Also: Komplette Neugestaltung.Auch die von Guttenberg im März eingesetzte Strukturkommission zur umfassenden Überprüfung der Bundeswehrstrukturen muss sich jetzt beeilen. Sie sollte erst zum Jahresende ihre Ergebnisse vorlegen. Jetzt soll sie schon im September mit einer Zwischenbilanz zeitgleich mit Guttenbergs Überlegungen herauskommen.Guttenberg und die Strukturkommission unter Leitung des Chefs der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, sollen bis Anfang September vorrechnen, welche Folgen der Abbau von 40 000 Berufs- und Zeitsoldaten für die Handlungsfähigkeit der deutschen Streitkräfte hätte und welche Konsequenzen sich für die Wehrpflicht ergeben.Der Minister muss darüber hinaus die Möglichkeiten prüfen, wie sich in der Nato durch eine bessere Arbeitsteilung zusätzliche Einsparpotenziale realisieren lassen. Die Bundeswehr hat gegenwärtig 190 000 Berufs- und Zeitsoldaten. Sie würde beim Abbau von 40 000 Soldaten auf 150 000 Mann "schrumpfen". Insgesamt soll Guttenberg in den nächsten vier Jahren 8,3 Milliarden Euro einsparen. Eine der bedeutendsten Fragen lautet: Wie hält es Schwarz-Gelb mit der in der Koalition umstrittenen Frage der Wehrpflicht? Jetzt sollen erst einmal die ersten Wehrpflichtigen zum 1. Juli nur noch für sechs Monate in die Kasernen einrücken. Guttenberg war jedoch bei seinen bisherigen Überlegungen dem "Herzenswunsch" der Freien Demokraten zur Aussetzung der Wehrpflicht entgegengekommen, um Geld zu sparen. Er holte sich aber bei seinen eigenen Unionsleuten eine blutige Nase. Die FDP schluckte erst einmal die "Kröte" zur Beibehaltung der Wehrpflicht. Aber aus den FDP-Reihen heißt es jetzt: "Wir gehen davon aus, dass letztlich doch die Wehrpflicht zum 1. Januar 2011 ausgesetzt wird." Für das Weiterbestehen des Zivildienstes bedeutet das allerdings ein "riesengroßes Fragezeichen". Wehrexperten weisen auf eine Passage im Papier zur Sparklausur hin, in der das Familienministerium aufgefordert wurde, "bis Anfang September darzustellen, welche Auswirkungen mögliche Veränderungen der Wehrpflicht für den Zivildienst und die Funktionsfähigkeit der vom Einsatz der Zivildienstleistenden unmittelbar profitierenden sozialen Infrastruktur hätte". Daraus haben die Experten, die sich mit dieser schwierigen Materie beschäftigen, "geschlossen", dass es schließlich doch zu einer Aussetzung der Wehrpflicht kommen wird - und zwar ab dem Jahr 2014. Für Insider heißt "Aussetzung" dabei "Abschaffung" und damit den Übergang zu einer Berufsarmee.

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