Bremer Wahl befeuert neues Farbenspiel in Berlin

Berlin · Am Tag nach der Wahl in Bremen lobte CDU-Chefin Angela Merkel nicht nur die eigene Partei. Sondern auch ihren einstigen Lieblingspartner FDP . Das Plus der Union und der Wiedereinzug der Liberalen in die Bürgerschaft zeigten, "dass das bürgerliche Lager gestärkt aus dieser Landtagswahl hervorgeht".

Damit stehe wieder ein Partner zur Verfügung, so Merkel, "mit dem man manches auch in Richtung Wirtschaftspolitik voranbringen kann". Das ist für die Union die Botschaft von Bremen. Und das scheint auch die Hoffnung für den Bund zu sein.

Denn zufrieden mit dem Zustand der großen Koalition in Berlin ist man bei den Christdemokraten nicht mehr. Man ist genervt vom "Frontalkurs in der BND-Affäre", "vom Holzen und Bolzen" der SPD , "als wäre man in der Opposition". CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn umschrieb die Befindlichkeiten in seiner Partei überdies so: Er glaube nicht, dass eine große Koalition für Deutschland auf Dauer gut wäre. "Das machen wir noch zwei Jahre vernünftig, dann sollte jeder wieder seines Weges gehen."

Es hakt halt gewaltig bei Schwarz-Rot. Beide Seiten stecken im Dauerstress. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi fuhr gestern wieder schwere Geschütze gegen den Bündnispartner auf. Die Rolle der Union in der BND-Affäre oder die Debatte um das Sturmgewehr G36 seien mitverantwortlich für die niedrige Wahlbeteiligung in Bremen, ätzte Fahimi. Gleichwohl ist der Zeitpunkt für internen Zoff schlecht gewählt. Denn bis zur parlamentarischen Sommerpause stehen nur noch vier Sitzungswochen des Bundestages an, in denen die Koalition noch wichtige Entscheidungen auf den Weg bringen will: einen Nachtragshaushalt, die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen oder ein Flüchtlingskonzept. Auch Merkel mahnte daher nach den Sitzungen der CDU-Gremien, dass für Streit eigentlich keine Zeit sei.

Nur halten will sich daran offenbar kaum jemand. Der Union kommt deshalb jetzt gelegen, dass sich die FDP wieder etwas berappelt hat. Das wurde mit Freude zur Kenntnis genommen. Von einer schwarz-gelben Renaissance will zwar noch keiner reden, dafür ist es noch viel zu früh. Aber nach der schweren Niederlage bei der Bundestagswahl 2013, als die Wähler die Liberalen krachend aus dem Bundestag warfen, hat die FDP durch zwei Wahlsiege in Hamburg und Bremen an Stabilität gewonnen. So jedenfalls der Vorsitzende Christian Lindner . Seine Partei werde weiterhin der Versuchung widerstehen, durch Populismus auf sich aufmerksam zu machen "und unsere Substanz in der Sache aufs Spiel zu setzen". So, wie das früher bei der FDP oft der Fall war. "Die Richtung stimmt, wir erhöhen jetzt das Tempo", kündigte Lindner an.

Beim Farbenspiel in Berlin wurde fröhlich registriert, dass Rot-Grün laut Merkel "nicht die Erwartungen der Menschen erfüllt hat". Vor allem für die Grünen stellt sich aus bundespolitischer Sicht die Frage, wie es eine rot-grüne Machtoption bei der Bundestagswahl 2017 überhaupt noch geben soll. Denn die SPD stagniert bei 25 Prozent in den Umfragen. Richtig ist auch hier: Bis zum Urnengang gehen noch zwei Jahre ins Land. Aber diejenigen, die sich bei Grünen und Union für Schwarz-Grün stark machen, dürften sich nach der Bremen-Wahl bestärkt darin fühlen, dass beide Parteien sich stärker füreinander öffnen müssen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort