Bremer Ideen für die deutsche Bildungspolitik

Bremen · Claudia Bogedan geht zum Jahreswechsel betont selbstbewusst in ihre Amtszeit als oberste Bildungspolitikerin der 16 Bundesländer. In ihrem Stadtstaat hätten schon 50 Prozent der Erstklässler einen Migrationshintergrund, erklärt die neue Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK).

Da könne Bremen mit Blick auf den Andrang Hunderttausender Flüchtlingskinder ins Bildungssystem doch manch guten Tipp geben. Diese Furchtlosigkeit wird die zierliche, energisch wirkende Sozialdemokratin für ihre Präsidentschaft brauchen können: Das Jahr 2016 dürfte für die KMK zur Bewährungsprobe werden.

Die Ressortchefs stehen vor schwierigen Fragen. Funktioniert der inzwischen von ideologischem Ballast weitgehend befreite Bildungsföderalismus auch in Zeiten der Flüchtlingskrise? Können die Länder die Milliarden-Lasten stemmen, die aus der Beschulung junger Menschen aus Syrien, Irak oder Eritrea entstehen? Und behalten die Ressortchefs dennoch die KMK-Projekte der Vorjahre im Blick, etwa Begabtenförderung, Lehrerbildung oder Pisa-Tests?

Obwohl sie erst im Juli als Bremer Senatorin für Kinder und Bildung gestartet ist, will Claudia Bogedan neben dem Mega-Thema Zuwanderung noch mindestens einen weiteren Akzent setzen: die Digitalisierung an den Schulen. Auch da könne ihr Land ein Beispiel geben, sagt die 40-jährige gebürtige Hessin. Tatsächlich ergab kürzlich eine Vergleichsstudie, dass Bremen und Hamburg die Vorreiter bei der digitalen Bildung sind. Dort zeigen die Lehrer insgesamt die größte Offenheit für den Unterricht mit digitalen Lernmaterialien, sie kommen mit der "Generation Smartphone" am besten klar.

"Die Stadtstaaten haben große Vorteile, weil sie manche Problemlagen von Flächenländern nicht kennen", sagt Bogedan zur Digital-Kompetenz ihrer Hansestadt, die in Bildungstests ansonsten nicht erfolgsverwöhnt ist. Oft ließen sich beispielsweise bereits vorhandende Netzwerke nutzen. Zudem hat sich Bremen "vor fünf Jahren auf den Weg gemacht mit einem Bildungsplan Neue Medien, gerade bei der Lehrerfortbildung." Mit dieser Aufbruchstimmung will die promovierte Sozialwissenschaftlerin in der KMK auch andere Länder begeistern. Denn: "Die Digitalisierung bietet große Chancen für das System Schule." Sie könne, klug eingesetzt, zur "Chancengerechtigkeit im Bildungssystem beitragen". In der Ministerkonferenz möchte sich die Präsidentin 2016 über Module in der Lehrerbildung zur Digitalisierung an Schulen verständigen.

Bogedan, verheiratet mit einem Deutsch-Spanier und Mutter eines Sohnes, teilt das Credo ihrer Amtsvorgängerin Brunhild Kurth (CDU ) aus Sachsen: in der Ministerrunde von den anderen lernen, Ideen und Konzepte austauschen. Den Vorstoß ihrer Partei für ein Ende des Kooperationsverbots von Bund und Ländern in der Bildungspolitik sieht die Sozialdemokratin dagegen skeptisch. Um etwa die Beschulung der Flüchtlingskinder zu bewältigen, könne der Bund den Ländern auch jetzt schon finanziell helfen, sagt Bogedan. Dafür müsse man nicht gleich mit einer Grundgesetzänderung den Bildungsföderalismus antasten.

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