Bremen wählt – und schon jetzt gibt es viele Gewinner

Bremen · Nein, von Wechselstimmung an der Weser kann mal wieder keine Rede sein. Wenn die Bremer am Sonntag eine neue Bürgerschaft wählen, dann wird sich an der politischen Landschaft in Deutschlands kleinstem Bundesland aller Voraussicht nach nicht viel ändern.

Klar auf Rot-Grün stehen die Zeichen. Nur die Gewichte hinter der seit Jahrzehnten dominierenden SPD könnten sich verschieben. Entsprechend träge plätscherte der Wahlkampf dahin. Als sich die Spitzenkandidaten der Parteien jüngst zu einer Podiumsdiskussion trafen, war es schon eine Nachricht, dass Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD ) auf die Frage des Moderators hin keine Bremer Kneipe einfiel, die mit dem Buchstaben M beginnt.

Das Besondere an dieser Wahl sei, dass alle Spitzenkandidaten bereits jetzt genau wüssten, was sie nach dem Urnengang machten, schrieb eine große Zeitung: "Nämlich exakt das, was sie schon heute machen." Für die Sozialdemokraten waren Wahlen in Bremen schon immer so etwas wie ein Heimspiel. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist die SPD dort allein oder mit wechselnden Partnern ununterbrochen an der Macht, allen Verwerfungen nach dem Niedergang der einst so stolzen heimischen Werftindustrie zum Trotz. Seit 2007 regieren die Genossen unter dem beliebten, eher unauffälligen Böhrnsen mit den Grünen, für die der kleine Stadtstaat ebenfalls ein recht gutes Pflaster ist. Bei der Bürgerschaftswahl von 2011 überholten sie mit 22,5 Prozent sogar die CDU und wurden zweitstärkste Partei. Nach neuesten Umfragen werden sie diese Position voraussichtlich aber wieder räumen müssen. Während die SPD mit 37 Prozent einsam ihre Kreise zieht und ihr Ergebnis von vor vier Jahren etwas unterbietet (38,6 Prozent), liegen die Grünen derzeit bei 15 bis 16 Prozent und müssen wohl der CDU den Vortritt lassen, die auf 22 bis 23 Prozent kommt (2011: 20,4). Sicher in die Bürgerschaft einziehen würden demzufolge auch die Linken mit acht bis neun Prozent (2011: 5,6 Prozent). Hoffnung machen können sich zudem die FDP mit fünf bis sechs Prozent sowie die AfD mit fünf Prozent. Doch aus dieser leicht veränderten Situation kann die seit Jahren durch interne Querelen geschwächte CDU wohl nicht viel Kapital schlagen. Zwar beeilte sich Spitzenkandidatin Elisabeth Motschmann, die Umfragen als Auftrag an die SPD zur Bildung einer großen Koalition zu interpretieren, stieß aber prompt auf Ablehnung bei Böhrnsen.

Auch Motschmann hätte das CDU-Wahlziel mit der Rückeroberung von Platz zwei im Parteienspektrum erreicht. Viel mehr war für die Bundestagsabgeordnete wohl nicht drin. Motschmann engagierte sich zwar mit Schwung. Die Bremer Bürger aber beurteilen die 62-jährige ehemalige Journalistin, die bislang vor allem für ihre konservativen Positionen bekannt war und früher schon einmal Bibeln in der Fußgängerzone verteilte, eher mit Skepsis. In einer Umfrage waren nur 16 Prozent mit ihr zufrieden - mit Böhrnsen dagegen 65 Prozent.

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