BND-Ausschuss ist stumpfes Schwert

Berlin. Politische Untersuchungsausschüsse gelten demokratie-theoretisch als "schärfste Waffe der Opposition". Was den BND-Untersuchungsausschuss angeht, so ist diese Waffe längst stumpf geworden

Berlin. Politische Untersuchungsausschüsse gelten demokratie-theoretisch als "schärfste Waffe der Opposition". Was den BND-Untersuchungsausschuss angeht, so ist diese Waffe längst stumpf geworden. Schon fast zwei Jahre lang ringen elf Abgeordnete aus allen Bundestagsparteien um Aufklärung über dubiose geheimdienstliche Aktivitäten während des Irak-Kriegs und bei der Terrorismusbekämpfung. 77 Sitzungen hat es seit Mai 2006 gegeben. Über 300 Aktenstücke im Umfang von mehreren zehntausend Seiten wurden gewälzt und etwa 80 Zeugen vernommen, manche von ihnen gleich doppelt und dreifach. Nur gemerkt hat es kaum jemand. Selbst bei den Nachrichtenagenturen fand der Verlust geheimer Unterlagen durch das ehemalige Ausschussmitglied Wolfgang Neskovic (Linke) zuletzt mehr Erwähnung als die eigentliche Ausschussarbeit. Das war nicht immer so. Im Frühjahr 2007 stand Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier über Wochen schwer unter Druck, weil er als früherer Kanzleramtschef für eine mehrjährige Guantanamo-Haft des Deutsch-Türken Murat Kurnaz verantwortlich gemacht wurde. Eine geschickte Verteidigungsstrategie des Sozialdemokraten ließ die Vorwürfe schließlich ins Leere laufen. Seitdem tendiert das öffentliche Interesse an den Untersuchungen gegen Null. Dabei war von Anfang an klar, dass sich die schwierige Materie kaum für plakative Schnellschüsse eignet. Im Zentrum steht die Frage, ob die frühere Bundesregierung unter Gerhard Schröder und der deutsche Geheimdienst im Kampf gegen den internationalen Terrorismus rechtswidrig gehandelt haben. Dazu will der Ausschuss sechs thematische Schwerpunkte abarbeiten. Sie reichen von der angeblichen Unterstützung des US-Militärs im Irak-Krieg durch deutsche Schlapphüte über problematische Verhöre inhaftierter Terrorverdächtiger, die deutsche Sicherheitsbehörden in Guantanamo und in Syrien geführt haben, bis zu geheimen Gefangenen-Flügen der CIA über deutsches Territorium. Auch mit den Bespitzlungen von Journalisten durch den BND wollen sich die Abgeordneten befassen. Bislang hat der Ausschuss noch nicht einmal die Hälfte seines Pensums geschafft. Man steckt im dritten Komplex, der das Schicksal des in Syrien inhaftierten deutschen Staatsbürgers Haydar Zammar beleuchten soll. Erschwert wird die Aufklärungsarbeit durch die schlichte Tatsache, dass Geheimdienste im Geheimen wirken, viele Akten daher gesperrt sind. Und viele Zeugen dürfen ihre Aussage nicht öffentlich machen. "Es ist ein mühsames, teilweise monotones Geschäft, denn das Ganze dreht sich immer um die gleichen Themen", konstatiert der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses Siegfried Kauder (CDU). Auch der grüne Obmann Christian Ströbele gibt zu, dass die umfangreichen Untersuchungen "allenfalls noch für ein paar Experten nachvollziehbar" sind. Von einer nutzlosen Arbeit will aber keiner der Beteiligten sprechen. So dürften sich die Untersuchungen noch bis zur nächsten Bundestagswahl hinziehen. Unter dem Eindruck erschütternder Folterberichte wurden immerhin die Richtlinien für deutsche Behörden bei Vernehmungen von Gefangenen im Ausland präzisiert. Sämtliche Ergebnisse sollen sich in einem Abschlussbericht wiederfinden, der allerdings weder strafrechtliche noch disziplinarische Auswirkungen hat. Außenamtschef Steinmeier ist übrigens am 13. März erneut in den Zeugenstand geladen. Anders als vor einem Jahr kann er diesem Termin gelassen entgegen sehen.

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