Berlusconi bleibt wohl nur die zweite Reihe

Rom. Ist es wirklich der "letzte verzweifelte Akt", wie die linke Tageszeitung "L'Unità" vermutet? Silvio Berlusconi wird nicht als Spitzenkandidat bei den italienischen Parlamentswahlen im Frühjahr antreten. So hat es am Wochenende erst Angelino Alfano, Sekretär der Partei "Volk der Freiheit" (PdL), angedeutet

Rom. Ist es wirklich der "letzte verzweifelte Akt", wie die linke Tageszeitung "L'Unità" vermutet? Silvio Berlusconi wird nicht als Spitzenkandidat bei den italienischen Parlamentswahlen im Frühjahr antreten. So hat es am Wochenende erst Angelino Alfano, Sekretär der Partei "Volk der Freiheit" (PdL), angedeutet. Und gestern auch der 75-jährige Ex-Ministerpräsident selbst. Er werde nicht mehr kandidieren, wenn sein Verzicht Voraussetzung für eine Einigung des konservativen Zentrums ist. "Game Over", schreibt die Turiner Tageszeitung "La Stampa".Der Regierung von Ministerpräsident Mario Monti bleiben nur noch wenige Monate, bevor im Frühjahr 2013 ein neues Parlament gewählt wird. Längst ist das Taktieren um künftige Mehrheiten in der italienischen Politik im Gange, in diesem Zusammenhang ist auch die jüngste Äußerung Berlusconis zu sehen. Sie beschreibt vor allem die schwierige Lage, in der der viermalige Ministerpräsident steckt.

Der Verzicht auf eine Kandidatur ist offenbar aus der Not geboren: Die PdL erzielt bei Umfragen nur noch zwischen 15 und 20 Prozent, die früheren Verbündeten kehren der Partei heute den Rücken, die bei den Parlamentswahlen 2008 noch auf 38 Prozent der Stimmen kam. Das "Volk der Freiheit" ist im konservativen Spektrum isoliert. Weder für die Christdemokraten der Zentrumsunion (UdC) noch für die Lega Nord kommt derzeit eine Allianz mit dem Mann in Frage, den viele für das gesunkene politische Ansehen Italiens, die dramatische wirtschaftliche Lage sowie für Staatsschulden in Höhe von beinahe 2000 Milliarden Euro mitverantwortlich machen. Weiterhin ist Berlusconi in mehrere Ermittlungsverfahren verwickelt, in Mailand steht er in der "Ruby-Affäre" um Prostitution Minderjähriger vor Gericht.

Bislang hatte der Mailänder Medienunternehmer eine Kandidatur nicht ausgeschlossen und vom Wahlgesetz abhängig gemacht, um das derzeit im Parlament gestritten wird. Dann geriet seine Partei immer mehr in Schwierigkeiten. Der letzte Akt war der Skandal um PdL-Politiker in der Region Latium, die sich auf Kosten der Steuerzahler bereichert hatten. Die Partei, die Berlusconi 2008 im Zusammenschluss mehrerer politischer Strömungen gegründet hat, droht nun wieder in ihre Einzelbestandteile zu zerfallen. Die einzige Chance, nicht ganz von der Bildfläche zu verschwinden, sieht Berlusconi wohl darin, aus der zweiten Reihe zu agieren und die Bildung einer neuen Allianz im Zentrum zu forcieren. Weil der Ex-Ministerpräsident außerhalb des harten Kerns seiner Wähler nicht mehr vermittelbar ist, schließen die früheren Verbündeten eine Zusammenarbeit aus. Berlusconi war im November 2011 auf Druck des Staatspräsidenten und mehrerer EU-Regierungschefs, darunter Angela Merkel, zurückgetreten.

Die Parteien des konservativen Zentrums sind weiterhin auf der Suche nach einem geeigneten Spitzenkandidaten. Wie etwa die Christdemokraten setzt nun auch Berlusconi auf die Anziehungskraft des Sanierers Mario Monti. Der amtierende Premier hatte zuletzt eine zweite Amtszeit nur für den Fall in Erwägung gezogen, dass die Parteien ihn darum bitten würden. Foto: dpa

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