Leitartikel Beim Urheberrecht riskiert Youtube die Glaubwürdigkeit

Wenn ein privater Internet-Nutzer ein Foto von einer anderen Seite kopiert und bei sich einstellt, kann er belangt werden. Mit Recht. Denn der Fotograf hat einen Anspruch darauf, für seine Arbeit honoriert zu werden.

Beim Urheberrecht riskiert Youtube die Glaubwürdigkeit
Foto: SZ/Robby Lorenz

Wenn ein Internet-Konzern wie Google massenhaft Artikel von den Portalen der Presseverlage kopiert, um daraus eine attraktive Umgebung für seine Werbekunden zu basteln, zahlt das Unternehmen nichts. Bei der EU-Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt geht es um diese Schieflage, nicht um Zensur. Niemand will die Geschäftsmodelle der Digitalindustrie zerstören. Aber sie müssen auf einer fairen Grundlage funktionieren.

Dies ist bislang nicht der Fall. Die Reform des Urheberechtes durch die EU war überfällig. Künftig sollen Anbieter wie Youtube und Google dafür sorgen, dass für die Wiedergabe geschützter Songs, Videos, Bilder oder Texte gezahlt wird. Es soll eine angemessene Abgabe geben, die den Verlagen ebenso zukommt wie Künstlern, Autoren und Kulturschaffenden.

Autoren, Künstler, Darsteller, Fotografen, Filmemacher, Kulturschaffende müssen von ihrer Arbeit leben. Können sie das nicht, geht am Ende auch dem Netz viel qualitätvoller Inhalt verloren. Dass diese Reform der Europäischen Union nicht nur bei den Internet-Riesen, sondern auch in Kreisen der Internet-Nutzer, der „User“, so hartnäckig attackiert wird, hat einen anderen Grund: Viele fürchten um die Kostenfreiheit im digitalen Raum. Diese Sorge ist nicht aus der Luft gegriffen – aber ist sie deshalb auch berechtigt? Muss sich nicht die Mentalität, die sich im Internet dahinter herausgebildet hat, ändern? Führt sie doch dazu, dass das Angebot, das alle schätzen, schmaler wird. Die EU will nicht die Freiheit des Datennetzes beschränken. Sie will nur faire Bedingungen für alle.

Natürlich war es zumindest unglücklich, in dem Brüsseler Richtlinien-Entwurf zunächst Instrumente wie Upload-Filter anzudenken, die Daten beim Hochladen überprüfen und nicht regelkonforme Inhalte automatisch abweisen. Es kann nicht Aufgabe des Gesetzgebers sein, den Plattform-Betreibern bestimmte Lösungen aufzuzwingen. Ob Youtube und die anderen Anbieter urheberrechtliche Werke mit Hilfe von Filtern aufspüren oder durch andere Methoden, kann dem Staat egal sein – wichtig ist nur, dass der Schutz funktioniert. Deshalb war es wichtig, die Uploadfilter wieder zu streichen. Kein Gesetzgeber sollte sich für eine bestimmte Technik aussprechen.

Die großen Internet-Konzerne sollten ihre Kampagnen langsam einmotten. Sie sind ebenso perfide wie falsch. Dass sich Google und andere selbstgestrickter Fake-News bedienen, um User zu beeinflussen, muss nachdenklich machen. Weil die Konzerne an ihrer eigenen Glaubwürdigkeit kratzen. Es wird Zeit, dass die Firmen begreifen, welch großartige Chance darin steckt, sich als Partner hervorzutun, der sein Angebot auf faire Weise zusammenstellt. Kleiner Tipp für die Führungsetagen: User schätzen das.

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