Bei der Pkw-Maut muss man nun auf Europa hoffen

Berlin · Gibt es noch einen Ausweg? Der Schlüssel wird irgendwann vermutlich in Luxemburg liegen beim Europäischen Gerichtshof, wenn gegen die deutsche CSU-Ausländer-Maut geklagt werden sollte. Das ist nach jetzigem Stand wahrscheinlich, sagen sie selbst bei den Christsozialen.

Vor Gericht wird dann wohl - während die Maut vielleicht sogar schon erhoben wird - endgültig entschieden werden, ob das Vorhaben europarechtskonform ist. Bis dahin wird vor allem die CSU weiter nichts sehen, nichts hören und nichts verstehen. Aber so tun, als ob die Maut ein Segen für alle wäre.

Das ist sie nicht. Über das Für, mehr noch über das Wider dieses bajuwarischen Vorzeigeprojektes, das gestern vom Bundeskabinett beschlossen wurde, ist in den letzten Monaten viel diskutiert worden. Der Maut-Plan wurde von oben bis unten durchleuchtet und zu Recht als untauglich bewertet. Auch wenn jetzt noch einmal leicht nachgebessert worden ist. Kaum Mehreinnahmen, wenn überhaupt; keine ökologische oder verkehrliche Lenkungswirkung, bürokratisch aufwendig sowie europäisch fragwürdig. Und da Gesetze nicht in Stein gemeißelt sind und der Verkehrsminister nicht ewig Alexander Dobrindt heißen muss, kann keiner wirklich garantieren, dass bei einer Mauterhöhung in der nächsten Legislaturperiode deutsche Autofahrer nicht doch noch zusätzlich belastet werden. Auch wenn der entsprechende Passus aus dem Begleitgesetz zur Kfz-Steuerreform verschwunden ist. Kommt es so, wird man hoffentlich Angela Merkel wieder über die Bildschirme flimmern sehen mit ihrem legendären Satz aus dem TV-Duell im vergangenen Jahr: "Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben." Ach ja?

Der Ansatz dieses Vorhabens ist und war grundlegend falsch. Denn die Pkw-Maut, die deutsche Autofahrer nicht zusätzlich belasten soll, unterliegt bis heute einer simplen, parteipolitischen Strategie der CSU im Bundestagswahlkampf: Wir Bayern zahlen in Österreich und anderswo, also sollen die auch bei uns zahlen. Basta. Diese Haltung hat die Gebühr in den Koalitionsvertrag gedrückt, obwohl sie kein anderer haben wollte. Diese Haltung hat zu einem quälenden, langen Streit um immer komplizierter werdende Details geführt, als ob es in Deutschland keine wichtigeren Probleme mehr gäbe. Von dieser kleinkarierten CSU-Position hat sich das ganze Vorhaben nicht loslösen können. Das Ergebnis dieser politischen Geisterfahrt segnete das Kabinett ab.

Dabei liegt auf der Hand, dass es klüger wäre, zum Beispiel die Lkw-Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen und auf alle Straßen auszuweiten, was laut Experten etwa vier Milliarden Euro jährlich brächte. Das wäre eine gerechtfertigte Maßnahme, denn der wachsende Lkw-Verkehr durch große und kleine Transporter ist der Hauptverursacher der Infrastrukturschäden. Und wenn man schon eine Pkw-Maut einführen will, dann wäre es sinnvoller, in eine vernünftige, nutzerfinanzierte Gebühr für alle einzusteigen. Gestaffelt nach Viel- und Wenigfahrern, bei gleichzeitiger Reduzierung der Steuerlast. Das alles ist möglich. Doch (noch) nicht gewollt. Am Ende könnte, wie gesagt, der europäische Gerichtshof die Maut noch kippen. Vielleicht wäre die CSU dann sogar glücklich - der böse Bube für das Scheitern des Projektes wäre gefunden. Und man könnte noch mal ganz von vorn anfangen. Mit einem rationalen Konzept.

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