Aufklärer ohne Rückhalt

Meinung · Lange Zeit lief es gut für den obersten kirchlichen Aufklärer in Sachen Missbrauch. Nachdem Stephan Ackermann im Februar 2010 zum Beauftragten ernannt worden war, setzte der Trierer Bischof rasch allerhand in Bewegung, um die durch den Skandal in ihren Grundfesten erschütterte katholische Kirche wieder etwas zu stabilisieren und zumindest ein Stück verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen

Lange Zeit lief es gut für den obersten kirchlichen Aufklärer in Sachen Missbrauch. Nachdem Stephan Ackermann im Februar 2010 zum Beauftragten ernannt worden war, setzte der Trierer Bischof rasch allerhand in Bewegung, um die durch den Skandal in ihren Grundfesten erschütterte katholische Kirche wieder etwas zu stabilisieren und zumindest ein Stück verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Ackermann machte seinerzeit einen guten Job, wie ihm selbst Kritiker attestierten. Doch die Zeiten als Krisengewinnler sind vorbei. Der Trierer Bischof läuft längst Gefahr, Opfer des eigenen Anspruchs zu werden, beim Thema Missbrauch bedingungslos und umfassend aufzuklären.Ein wichtiger Baustein hierzu wäre die wissenschaftliche Aufarbeitung des jahrzehntelangen Missbrauchs in der katholischen Kirche und der organisierten Vertuschung, die damit einherging. Ackermann hat diese Erforschung in Auftrag gegeben. Dass das Projekt nun gescheitert ist, hat er mitzuverantworten - ungeachtet dessen, dass er selbst gewiss nicht zu den Bremsern unter den 27 deutschen Bischöfen gehörte.

Schon möglich, dass der Kriminologe Christian Pfeiffer kein einfacher Zeitgenosse ist, wie die Kirchenoberen jetzt behaupten. Aber diese Eigenschaft eines erfahrenen Forschers fällt nicht plötzlich vom Himmel, sie hätte den Bischöfen nach ausreichender Vorbereitung bekannt sein müssen. Möglich auch, dass der niedersächsische Institutsleiter eine Mitschuld daran trägt, dass das Forschungsprojekt beendet wird, noch bevor es richtig begonnen wurde. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der eine oder andere katholische Bischof plötzlich Angst vor der eigenen Courage bekommen und seine Zusage zur Öffnung der Personalakten wieder zurückgezogen hat. Auch in diesem Fall wäre der Forschungsauftrag mehr schlecht als recht vorbereitet worden.

Das Scheitern der Studie, die einst mit großem Tamtam auf die Schiene gesetzt worden war, geht so oder so mit dem Trierer Bischof nach Hause. Es ist die größte Schlappe, seit der Missbrauchsbeauftragte Stephan Ackermann das Amt von seinen Mitbischöfen vor zwei Jahren aufs Auge gedrückt bekam.

Auch wenn sich der Klerus nun um Schadensbegrenzung bemüht und eine neue Untersuchung ankündigt, ist das Signal des vorzeitig gekündigten Forschungsauftrags fatal. Es lautet: Je mehr Zeit seit der Aufdeckung des Missbrauchs-Skandals vergeht, desto geringer wird das Interesse daran. Desto mehr schwindet aber auch der innerkirchliche Rückhalt für den Beauftragten Stephan Ackermann. Das jetzige Scheitern wäre eine gute Gelegenheit für ihn, diesen Posten zur Verfügung zu stellen.

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