Auf zum großen Gefeilsche

Wie bizarr die Wissenschafts- und Bildungspolitik der letzten Jahre war, zeigt der Umstand, dass die schwarz-rote Bundesregierung jetzt das zum Teil grundgesetzlich aufheben will, was Union und SPD 2006 unbedingt in der Verfassung verankert sehen wollten: das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern. Es ist wohl einer der größten Fehler in der deutschen Bildungsgeschichte gewesen.

Der gestrige Kabinettsbeschluss zur Lockerung im Wissenschaftsbereich ist aber längst noch kein Durchbruch.

Der Bundesrat muss dem Gesetzentwurf zustimmen und einige Länder sehen das Vorhaben sehr skeptisch. Die zentrale Frage bleibt die des Geldes. Völlig unklar ist zum Beispiel, ob die Koalition neue Mittel für die Hochschulen zur Verfügung stellen will, um auch deren Grundfinanzierung zu stärken. Was dringend notwendig wäre. Und wenn ja, in welchem Umfang. Außerdem ist nicht eindeutig, welche konkreten Absichten die Regierung tatsächlich bei der stärkeren Zusammenarbeit mit den Ländern verfolgt. Ob beispielsweise die Spitzenförderung für das internationale Renommee oder aber eine Stärkung der Wissenschaft auf regionaler Ebene Vorrang haben soll. Das sind aber Fragen von großer Bedeutung für den Wissenschaftsstandort Deutschland, die geklärt werden müssen. Allein den Weg zu ebnen für mehr Kooperation, entfaltet noch lange kei ne Wirkung in der Praxis. Die anstehenden Diskussionen mit den Bundesländern werden deshalb munter werden. Zumal die geplante Bund-Länder-Kooperation im Hochschulbereich künftig Einstimmigkeit auf Länderseite voraussetzt. Das wird die Flexibilität und die Effizienz bei der Förderung einschränken. Und: Dadurch wird das große Feilschen um die Mittel nur noch verstärkt, da Investitionen zum Verteilungskampf zwischen den Ländern selbst und mit dem Bund werden könnten. Klug ist ein solches Veto-Recht keinesfalls.

Allerdings gehört auch im Schulbereich das Kooperationsverbot in die Tonne. Dort darf sich seit der Föderalismusreform ebenfalls kein Bundesbildungsminister mehr mittels Scheck einmischen. Die Realität, die Notwendigkeiten konterkarieren dies aber schon seit Jahren: Länder und Kommunen können mehr Betreuung, mehr Ganztagsausrichtung und obendrein noch die Inklusion behinderter Kinder in Regelschulen schon lange nicht mehr alleine stemmen. Der Föderalismus, der angeblich die Konkurrenz in der Schulpolitik belebt, steht echten und dauerhaften Investitionen im Weg. Damit sich aber etwas an dieser extrem misslichen Lage ändert, müssten die Länder Einfluss abgeben. Das wollen sie nicht, weswegen vor allem die Union aus Rücksicht auf ihre Ministerpräsidenten im Schulbereich mauert. Ein schwerer Fehler.

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