Auf Schrumpfkurs

Meinung · Das Großprojekt "Stadtmitte am Fluss" hat zwei Oberbürgermeister-Wahlkämpfe in der Landeshauptstadt und zwei Regierungswechsel im Land überstanden, aber möglicherweise nicht überlebt. Zumindest nicht vollständig. Nach fast zehn Jahre währender Planung und Diskussion ist lediglich die neue Berliner Promenade sichtbar. Mag sein, dass die nun Lust auf mehr macht

Das Großprojekt "Stadtmitte am Fluss" hat zwei Oberbürgermeister-Wahlkämpfe in der Landeshauptstadt und zwei Regierungswechsel im Land überstanden, aber möglicherweise nicht überlebt. Zumindest nicht vollständig. Nach fast zehn Jahre währender Planung und Diskussion ist lediglich die neue Berliner Promenade sichtbar. Mag sein, dass die nun Lust auf mehr macht. Doch viel mehr ist möglicherweise nicht drin, wenn Stadt und Land nicht schnellstmöglich einen Änderungsantrag an die Europäische Union (EU) stellen.Die EU handelt innerhalb von Förderperioden. Die knapp 50 Millionen Euro, die aus Brüsseler Töpfen für "Stadtmitte am Fluss" fließen sollen, sind auf zwei solche Perioden verteilt. Die erste hat 2007 begonnen und endet im kommenden Jahr. Bis dahin können die bereits genehmigten 23 Millionen Euro aber in keinem Fall vollständig verbaut werden. Deshalb darf Saarbrücken Geld aus der ersten in die zweite Förderperiode übertragen. Das ist im Grunde Tagesgeschäft bei solch großen Projekten - es könnte allerdings zum Problem werden, wenn der Änderungsantrag nicht rechtzeitig gestellt wird. Wohlgemerkt, es geht nicht um den bei vielen Bürgern unbeliebten teuren Tunnel. Für den gibt die EU kein Geld. Fakt ist vielmehr: Wenn der Änderungsantrag nicht pünktlich fertig wird, stehen Vorhaben wie die Sanierung der Alten Brücke und die der Luisenbrücke in Frage. Die Zeit drängt sehr.

Großprojekte sind eine knifflige Sache, für die es einen langen Atem braucht. Ginge dem Projekt jetzt die Puste aus, es wäre eine Blamage für Stadt und Land. Großprojekte brauchen außerdem klare Zuständigkeiten. Fachlich ist das Projekt in guten Händen; Saarbrücken hat eine fähige Baudezernentin. Beim Land liegt die Zuständigkeit für "Stadtmitte" derzeit unter anderem im Wirtschaftsministerium. Das müsste die Kommunikation zwischen Stadt und Land erleichtern, denn damit stimmen - seit der großen Koalition - die Parteifarben überein.

Generell ist das Projekt der Landeshauptstadt landesweit nicht sonderlich populär. Alle Kommunen wollen Geld aus dem Landeshaushalt. Ein klares Votum "Saarbrücken geht vor" gab es nie. Und es fehlt an Öffentlichkeitsarbeit, die deutlich machen würde, welche Bedeutung das Projekt für das ganze Land hat. So war es ein Befreiungsschlag, die Entscheidung über den Tunnel zu verschieben. Dass sich Stadt und Land den Bau in einigen Jahren eher leisten können als heute, daran dürfte allerdings niemand ernsthaft glauben. Das Großprojekt "Stadtmitte am Fluss" ist also höchstwahrscheinlich schon zum Projekt mittlerer Größe geschrumpft. Dass nun aus Zeitnot weitere Teile gefährdet sein könnten, zeigt deutlich, woran es fehlt: an Entschlossenheit.

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