Auf halbem Weg

Meinung · Wenn Politiker sparen, hat der Satz "viel Feind, viel Ehr'" viel für sich. Wo alle klagen, leisten viele einen Beitrag. Gemessen daran hat Schwarz-Gelb mit dem Sparpaket keine gute Arbeit geleistet. Denn die Kritik kommt vor allem vom schwächeren Teil der Gesellschaft oder jenen, die in seinem Namen sprechen

Wenn Politiker sparen, hat der Satz "viel Feind, viel Ehr'" viel für sich. Wo alle klagen, leisten viele einen Beitrag. Gemessen daran hat Schwarz-Gelb mit dem Sparpaket keine gute Arbeit geleistet. Denn die Kritik kommt vor allem vom schwächeren Teil der Gesellschaft oder jenen, die in seinem Namen sprechen. Tatsächlich dürften am Montag viele, die in Lohn und Brot, aber nicht beim Bund beschäftigt sind, verwundert festgestellt haben, dass Merkels "historischer Kraftakt" für sie persönlich eine lockere gymnastische Übung darstellt. Fliegen wird teurer, die Banken werden sich ihren Beitrag bei den Kunden wieder holen - das war's. Sogar das Minus beim Elterngeld fällt für die Mittelschicht minimal aus. Gekürzt wird vor allem am unteren sozialen Ende, bei den Arbeitslosen. Nun lässt sich mit dem Vorwurf der sozialen Kälte billig punkten. Ein Politiker, der sich an Sozialleistungen wagt, also den größten Brocken im Etat, verdient daher Respekt. Wo schwierige Sachverhalte in den Medien auf Halbsätze verkürzt werden, ist es nicht leicht, gegen den Chor der Empörung durchzudringen. Etwa klarzustellen, dass das Elterngeld als Lohnersatz für Beschäftigte gedacht war, die ihren Job ruhen lassen; dass die jetzt kassierte Regelung, es auch jenen zu zahlen, die für sich und ihr Kind bereits Hartz IV beziehen, schon von Ex-Familienministerin Renate Schmidt (SPD) kritisch gesehen wurde. Anerkennung könnte auch das Bemühen verdienen, den Etat ohne den bequemen Dreh an der Steuerschraube sanieren zu wollen, sondern mühsam mehr Effizienz in Verwaltung und Bundeswehr anzustreben. Doch beweist es Mut, das "größte Sparpaket der Geschichte" zu schnüren, ohne die Steuersubventionen anzugehen? Vor allem: Ist es gerecht?Von Kühnheit, ja Trotz zeugt es aber geradezu, wie Schwarz-Gelb jedes Signal für soziale Ausgewogenheit verweigert hat. Die Forderung nach einem höheren Spitzensteuersatz etwa findet nicht nur in der Bevölkerung breite Zustimmung - auch Teile der Union befürworten sie. Auch die Wiedereinführung der Vermögensteuer, die den Ländern aus der Fiskal-Klemme helfen könnte, bleibt für Schwarz-Gelb tabu. Welch ein Befreiungsschlag wäre das, wenn eine bürgerliche Regierung diesen Beitrag der Wohlhabenden einfordern würde. Dafür ist es nicht zu spät. Das Sparpaket schließt nur die Hälfte der strukturellen Lücke, die mit Blick auf die Schuldenbremse im Bundesetat klafft. Vom Defizit der Länder ganz zu schweigen. Die Themen Spitzensteuersatz und Vermögensteuer bleiben uns erhalten. Das ist gut so. Damit demnächst andere klagen.

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