Auf dem Pfad der Tugend

Meinung · Die Gewerkschaften haben Recht: Was jetzt folgt, tut weh. Richtig weh. Weil viele EU-Staaten über Jahre hinweg heilige Eide auf die Haushalts-Konsolidierung schworen, von der sie selbst aber nichts wissen wollten. Die weltweite Finanzkrise entlarvte diese Doppelmoral gnadenlos. Gleich reihenweise gerieten die betroffenen Länder zumindest ins Straucheln

Die Gewerkschaften haben Recht: Was jetzt folgt, tut weh. Richtig weh. Weil viele EU-Staaten über Jahre hinweg heilige Eide auf die Haushalts-Konsolidierung schworen, von der sie selbst aber nichts wissen wollten. Die weltweite Finanzkrise entlarvte diese Doppelmoral gnadenlos. Gleich reihenweise gerieten die betroffenen Länder zumindest ins Straucheln. Der europäische Krisen-Mechanismus ist genau genommen ein bitteres Armutszeugnis, eine Dokumentation für das gebrochene Versprechen des Euro-Stabilitäts- und Wachstumspaktes.Nun will die Kommission das Ruder herumwerfen und die aufgeweichte Etat-Disziplin korrigieren. Das geschieht halbherzig, weil manche Mitgliedstaaten schon wieder herumeiern. War es nicht Nicolas Sarkozy, der eine straffe Wirtschaftsregierung mit weitreichenden Haushalts-Kompetenzen forderte? Er ist nun der erste, der zum Rückzug blasen will. Es darf ihm und seinen Mitstreitern nicht gelingen. Das gilt freilich nicht nur auf europäischer Ebene. Es ist Populismus, die eigene Regierung erst dafür zu schelten, dass sie Schulden macht, und ihr dann unsoziale Einsparungen vorzuwerfen, wenn sie zu einem soliden Etat zurückkehren will. Sicherlich kann und muss man über das "Wie" des Schuldenabbaus streiten. Aber er muss doch erreicht werden - notfalls eben mit den drastischen Maßnahmen, wie sie die Kommission nun anregt. Dabei verdienen beide Teile des Reformpaktes größte Aufmerksamkeit. Denn lediglich die Ausgaben zu kürzen, reicht für eine Gesundung der Wirtschaft nicht aus. Dafür müssen einige Indikatoren verändert werden, die überaus sensibel sind: Einkommen, Personalkosten, Sozialbeiträge. Deutschland ging hier in Vorleistung und erntet mit seinen Export-Erfolgen den Lohn. Nun müssen die anderen nachziehen, und auch das wird schmerzhaft. Doch der Markt verzeiht verschlafene Reformen nicht. Die Kommission hat aus dem laxen Umgang mit den Stabilitätskriterien die richtigen Konsequenzen gezogen. Zwar wären automatische Strafen zweifellos besser gewesen, aber es hat keinen Sinn, nicht durchsetzbare Lösungen anzubieten. Denn schon die Reaktion der Kritiker in einigen Hauptstädten zeigt: Es wird schwer genug, eine einigermaßen vernünftige und wirkungsvolle Korrektur der jahrelangen Großzügigkeit im Umgang mit Defizit-Sündern hinzukriegen. Wohin diese die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten gebracht haben, das führten die zurückliegenden Monate deutlich vor Augen. Wer seine Finanzen in Ordnung hält, muss eine Krise nicht fürchten. Höchstens seine Nachbarn, die nicht so solide gewirtschaftet haben und deshalb auch alle anderen ins Wanken bringen.

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