Auf Bremen kommt eine riesige Bugwelle zu

Bremen. Noch vor dem Saarland ist das kleine Bremen das Bundesland mit den größten finanziellen Problemen. Die rot-grüne Koalition regiert in der Hansestadt seit dem vergangenen Sommer mit einer satten Zwei-Drittel-Mehrheit - und kommt doch immer wieder in Schwierigkeiten. Die Haushaltsnotlage trifft alle Ressorts hart

Bremen. Noch vor dem Saarland ist das kleine Bremen das Bundesland mit den größten finanziellen Problemen. Die rot-grüne Koalition regiert in der Hansestadt seit dem vergangenen Sommer mit einer satten Zwei-Drittel-Mehrheit - und kommt doch immer wieder in Schwierigkeiten. Die Haushaltsnotlage trifft alle Ressorts hart.Die eigentlich als sturmfest bekannte Schulsenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD), die auch der Skandal um tote Frühchen im Klinikum Bremen-Mitte nicht aus der Bahn warf, will den Mangel nicht länger verwalten und steigt aus der Regierung aus (wir berichteten). Sie fühlt sich von ihren Kollegen im Stich gelassen, die aus ihrer Sicht nicht genug Geld für die Schulreformen zur Verfügung stellen.

Die Stärke dieser im Grunde "großen" Koalition scheint Teil des Problems zu sein: Die SPD stellt 36 Abgeordnete, die Grünen 21. Die größte - und bislang vor allem mit sich selbst beschäftigte - Oppositionspartei CDU ist nur die drittstärkste Kraft im Parlament, kommt auf 20 Sitze. "Es scheint so zu sein, dass sich die Mitglieder des Senats keinerlei Rechtfertigungsdruck ausgesetzt sehen", sagt der Bremer Politikwissenschaftler Stefan Luft.

Der Konflikt zwischen dem von Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) verkörperten Sparzwang und Jürgens-Pieper hat sich nach Lufts Überzeugung seit längerer Zeit angebahnt. Einerseits habe die Schulsenatorin den Konflikt um die Unterfinanzierung des Schulsystems mit vollem Einsatz ausgefochten, ohne dass man ihr entgegengekommen sei. Zudem sei sie aber selbst an den Schulen sehr schlecht angekommen, habe dort eher den Eindruckt erweckt, die Probleme nicht verstanden zu haben.

Aber unabhängig vom Fall Jürgens-Pieper bleibt Rot-Grün in Bremen viel Konfliktstoff. Denn der finanzielle Druck auf den Haushalt der Hansestadt wird in den kommenden Jahren noch zunehmen. Offene Baustellen gibt es inzwischen genug: Die private Finanzierung des 200 Millionen Euro teuren Offshore-Terminals in Bremerhaven ist gescheitert. Der Senat sucht nun nach einer Lösung mit öffentlichem Geld. Bei Feuerwehr und Polizei ist die Sparschraube so weit angezogen, dass der Unmut der Beamten lauter wird. Die Probleme bei der stadteigenen Klinikgesellschaft sind nach einem harten Sanierungskurs und dem Keim-Skandal wieder größer geworden. "Da kommt eine riesige finanzielle Bugwelle auf uns zu", befürchtet der neue CDU-Landesvorsitzende Jörg Kastendiek.

In den vergangenen Monaten musste der Koalitionsausschuss von SPD und Grünen mehrfach tagen - das gilt nicht als Zeichen von ausgeprägter Harmonie. Ein Problem für die SPD ist dabei die Stärke der Grünen, die sich in der Handestadt auf Augenhöhe mit dem größeren Partner sehen.

Nach außen hin wollen die Spitzen der Koalition von Problemen, die über die sachliche Ebene hinausgehen, aber nichts wissen. Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) bleibt bei seiner Art, auch in schwierigen Phasen mit Ruhe zu steuern. Kastendiek hofft, dass seine Partei nach Monaten der völligen Zerstrittenheit jetzt schnell zur Geschlossenheit zurückfindet, um die Schwächen der Koalition für den eigenen Erfolg nutzen zu können. "Man kann kaum glauben, dass der Bürgermeister zuguckt, wie seine Bildungssenatorin an den Pranger gestellt und vom Koalitionspartner demontiert wird."

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