Athen ist erst am Anfang

Die Rettung für Griechenland ist nah. Das dritte Hilfspaket und damit 85 Milliarden Euro sind für Athen seit gestern greifbar. Doch Griechenland ist noch längst nicht über den Berg. Vor dem Land liegt ein steiniger Weg.

Von einem Ende des Sparkurses, wie es Ministerpräsident Alexis Tsipras im Wahlkampf versprach, ist keine Rede mehr. Der Regierungschef ist auf dem Boden der Tatsachen gelandet.

Doch bei aller Genugtuung in Brüssel über die Zugeständnisse Athens: Diesmal sollte die einstige Troika - nun Quadriga - Griechenland noch genauer auf die Finger schauen. Schon früher waren Beamtenentlassungen Bedingung für finanzielle Hilfen. Statt die zahlreichen neu geschaffenen Ämter zu streichen, entließen die Vorgängerregierungen dringend gebrauchte Ärzte in staatlichen Kliniken.

Schuld daran ist die Vetternwirtschaft und der Klientelismus. Sie haben Griechenland krankgemacht. Und sie sind es, die weichen müssen. Die Reedereien müssen sich endlich auch an der Finanzierung der Infrastruktur beteiligen, auf deren Rücken sie jahrzehntelang Brutto-Netto-Gewinne eingefahren haben. Die Superreichen sollten entsprechend ihrer Einnahmen belastet werden. Dass sich ausgerechnet eine links dominierte Regierung damit schwertut, ist schier unbegreiflich.

Erklären lässt sich die falsche Zurückhaltung nur mit dem ewigen Nepotismus, dem Tsipras nun endlich den Kampf ansagen muss. Nur wenn Griechenlands Verwaltung von politischer Einflussnahme befreit ist, kann ein neues Zeitalter beginnen. Diese Aufgabe wird die weitaus größte sein, die es für Tsipras zu bewältigen gilt. Und zugleich die wichtigste. Denn nur so kann Hellas das Vertrauen von Investoren zurückgewinnen, im Zug von Wirtschaftsreformen zu einem attraktiven Standort werden und wachsen.

Denn in Griechenland liegen auch Chancen. Beispielsweise für erneuerbare Energien. Derzeit versorgt sich das Land größtenteils über fossile Brennstoffe mit Strom und Gas - beides muss teuer importiert werden. Die Schaffung von Wind- und Solarparks könnte Arbeitsplätze kreieren und Investitionen bringen - Wind und Sonne hat der Inselstaat schließlich im Übermaß. Zugleich würden die Bürger mit weniger hohen Rechnungen belastet - denn die Energie wäre dann hausgemacht. Auch mit der Privatisierung der Häfen kann Griechenland viel gewinnen. Teilbereiche, die schon jetzt von der chinesischen Cosco Group betrieben werden, fahren erfolgversprechende Gewinne ein.

Es sind diese Perspektiven, mit denen Tsipras nun nicht nur sein Parlament, sondern vor allem sein eigenes Volk gewinnen muss. Denn nur wenn auch sie an eine bessere Zeit glauben, hat Griechenland eine Zukunft.

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