Angela Merkel, weichgespült

Bisher hat die Kanzlerin stets darauf beharrt, dass der Internationale Währungsfonds bei der Griechenland-Rettung mit im Boot sein muss. Angela Merkel brauchte die Washingtoner Organisation, um die laxen Geldverleiher auf dem eigenen Kontinent - von François Hollande bis Jean-Claude Juncker - in Schach zu halten.

Merkels Credo: kein Geld ohne Bedingungen. Beim dritten Rettungspaket aber verweigert IWF-Chefin Christine Lagarde beharrlich ihre Beteiligung. Weshalb die Kanzlerin ihren zweifelnden Abgeordneten nur die Hoffnung vermitteln kann, dass man die Französin schon noch überzeugen werde. Man möge dem Paket morgen im Bundestag trotzdem zustimmen. Das ist keine 180-Grad-Wende der Kanzlerin. Aber eine um 179 Grad.

Viel wichtiger als die Frage von Wortbrüchen oder Kurskorrekturen ist allerdings, was der Internationale Währungsfonds in der Sache zum dritten Rettungspaket sagt. Überhaupt ist der IWF die einzige Institution unter den drei beteiligten Rettern, die eine (selbst-)kritische Bilanz gezogen hat. Eine Bilanz übrigens, die sich gar nicht so sehr von der Sicht des ehemaligen griechischen Finanzministers Gianis Varoufakis unterscheidet: Demnach haben die ersten Spar- und Reformprogramme Griechenlands Wirtschaft und Gesellschaft überfordert, sodass nicht etwa Wachstum erzeugt, sondern die Krise immer tiefer wurde. Nun erklärt Lagarde, die 86 Milliarden Euro des geplanten dritten Hilfspakets würden in ein Fass ohne Boden geschüttet - nichts anderes bedeutet ja ihr öffentlicher Zweifel an der griechischen Schuldentragfähigkeit. Varoufakis hätte noch hinzugefügt, die Kreditgeber sollten es gefälligst selbst auslöffeln, wenn sie so einem Land leichtfertig immer wieder frisches Geld geben und es damit immer abhängiger machen.

Nun fordert auch der IWF einen Schuldenschnitt, wohlwissend, dass er seine Kredite als Erster zurückbekäme. Die Milliarden hingegen, die Merkel für den deutschen Steuerzahler ausgegeben hat, wären verloren. Das will die Kanzlerin um jeden Preis vermeiden, jedenfalls bis zur Bundestagswahl Ende 2017. Also schlägt sie dem IWF stattdessen längere Laufzeiten und niedrige Zinssätze für die Griechenland-Kredite vor. Und hofft, dass Lagarde das genügt.

Im Klartext: Nach deutschem Willen soll der IWF praktisch seine bisherigen strengen Vergabe-Richtlinien verlassen. Das gefährdet seinen Ruf und wird für Ärger bei den übrigen 187 Mitgliedstaaten sorgen, von denen einige vielleicht auch gerne Geld bekämen, das sie später nicht zurückzahlen müssen. Auf dieser Ebene tritt die strenge Kanzlerin also plötzlich als Weichmacherin auf, wie sie ja auch die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank klaglos hinnimmt. Eigentlich benimmt sich Merkel gar nicht viel anders als Hollande und Juncker.

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