Analyse zu CDU in der Coroa-Krise Ein versteckter Kampf um die Kanzlerkandidatur

Berlin · In der CDU herrscht in diesen Tagen eine ungewohnte Stille. Der interne Machtkampf um den Parteivorsitz zwischen Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen ist vorerst eingestellt. Merz ist am Coronavirus erkrankt, offenbar ein milder Verlauf, und kann lediglich Fotos von sich twittern.

Annegret Kramp-Karrenbauer muss nach der Absage des Sonderparteitags wegen der Corona-Krise länger CDU-Chefin bleiben.

Annegret Kramp-Karrenbauer muss nach der Absage des Sonderparteitags wegen der Corona-Krise länger CDU-Chefin bleiben.

Foto: dpa/Michael Sohn

Norbert Röttgen versuchte zwar einen Aufschlag mit der Idee, der Vorsitzende könne jetzt per Mitgliederbefragung ermittelt werden. Doch dafür erntete er nur Kopfschütteln. Laschet kann sich derweil als NRW-Ministerpräsident noch öffentlich in Szene setzen. Neuerdings versucht er es mit Hoffnungssignalen auf ein baldiges Ende des Ausnahmezustandes. „Der Satz, es sei zu früh, über eine Exit-Strategie nachzudenken, ist falsch“, sagte er am Sonntag.

Ob ihm das aber helfen wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt ungewiss. Wie vieles in der Coronakrise. Zumal sein Gegenspieler Markus Söder heißt, bayerischer Ministerpräsident und CSU-Chef, der wiederum versucht, sich mit einem besonders rigorosen Vorgehen zu profilieren. Beiden scheint es dabei auch um die Kanzlerkandidatur der Union zu gehen. Ausgang offen.

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer muss jedenfalls länger als geplant den Hut der CDU-Chefin tragen. Unklar ist, ob nach der April-Absage überhaupt noch ein Sonderparteitag zur Wahl ihres Nachfolgers im Vorsitz stattfinden wird. Falls nicht, wird Kramp-Karrenbauer sogar bis zum regulären Dezember-Konvent die Geschicke der CDU lenken. Im Moment erlebt die Saarländerin etwas für sie Neues: deutlich steigende Umfragewerte. Die CDU liegt wieder über 30 Prozent, was aber weniger mit AKK zu tun hat. In ihrer Funktion als CDU-Chefin tritt sie im Moment kaum noch in Erscheinung; als Verteidigungsministerin war sie zumindest eine Zeitlang gefragt, als es um mögliche Unterstützung der Bundeswehr im Kampf gegen das Virus ging. Was der CDU vor allem nutzt, ist die zupackende Krisenbewältigung der von ihr geführten Bundesregierung.

Die Kanzlerin spricht dramatisch zum Volk, der Gesundheitsminister ist auf allen Kanälen präsent, der Wirtschaftsminister legt Hand in Hand mit dem SPD-Finanzminister ein milliardenschweres Hilfspaket nach dem anderen auf; selbst bislang vehement verteidigte Prinzipien wie das Festhalten an der schwarzen Null oder der Schuldenbremse werden im Eilverfahren über Bord geworfen. Alles zur Rettung der Nation. Die Union kann Krise, das ist die Botschaft.

Auch als Partei der kleinen Leute präsentiert sie sich plötzlich: Solo-Selbstständige, Kleinunternehmer, Mieter, Restaurantbesitzer und Kulturschaffende, möglichst wenige sollen durch Corona auf der Strecke bleiben. Es wirkt, als ob ein Ruck durch die CDU gegangen ist nach langer großkoalitionärer Lethargie. Zur Wahrheit gehört freilich: Die SPD zieht bei allem mit, gibt sogar ab und an den Takt vor. Doch wie so oft in der Vergangenheit ist das die Tragik der Roten in der Groko: Nur die Schwarzen profitieren davon in den Umfragen.

Gleichwohl gibt es in der Union schon erste mahnende Stimmen, wegen der Corona-Krise nicht alles und jedes über Bord zu werfen. Die spannende Frage für die CDU wird daher sein, wie sie den Weg zurück zur Normalität gestalten will. Und dann auch wieder, mit wem an der Spitze.

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