Fridays für Future am Scheideweg Klima darf nicht spalten
Düsseldorf Interessierte Zeitzeugen können derzeit zuschauen, wie sich eine im Grunde sympathische Bewegung wie „Fridays für Future“ selbst schädigt. Das Bewusstsein, dass der Klimawandel eine elementare Bedrohung für unsere Welt bedeutet, ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.
Nun hat die Bundesregierung ein Klimapaket beschlossen, das Wissenschaftler als „Nullnummer“ bezeichnen. Beste Voraussetzungen für die Klimaaktivisten, könnte man meinen. Sie nehmen das Klimapaket inhaltlich auseinander, werden zum Sprachrohr der Wissenschaftler. Doch statt Glanzlichter in der Debatte zu setzen, scheinen sie im Moment über ihre eigenen Erfolge zu stolpern. Während Greta Thunberg den Vereinten Nationen die Leviten liest – dazu später –, gehen hierzulande Videos viral, in denen Klimademonstranten SUV-Fahrer filmen, ausbuhen und deren Autos mit Stickern bekleben. Während Grünen-Politiker wie Werner Graf aus Berlin solche Beiträge mit ironisch-witzig gemeinten Kommentaren verbreiten, erzählen andere, dass sie wegen ihrer Geländewagen angepöbelt werden.
Doch moralische Überheblichkeit, die zudem öffentlich zur Schau gestellt wird, goutiert die Gesellschaft nicht. In der Konsequenz führt dieses Verhalten eher zu Polarisierung und zu Trotz. „Fridays for Future“ verrannte sich in letzter Zeit immer öfter in das, was sie zuvor zu Recht den Politikern vorwarf: Symbolpolitik. Ob Greta Thunbergs Reise über den Atlantik per Segelboot, ob gemeinsames Auspfeifen von SUV-Fahrern oder der unversöhnliche Ton, in dem mittlerweile zwischen ökologisch Korrekten und Unkorrekten unterschieden wird – das alles geht an der Sache vorbei, denn: Die Klimaerwärmung ist tatsächlich dramatisch, dafür braucht es keine überladene Symbolik. Zu viel der Inszenierung schreckt die Menschen bloß ab. Die Fakten reichen. Insofern muss auch die Rede Greta Thunbergs vor den Vereinten Nationen in New York mit gemischten Gefühlen betrachtet werden. Denn aufgrund ihrer Rhetorik hat sie ihre Wirkung vor allem bei jenen entfaltet, die ohnehin schon auf der Seite der 16-Jährigen sind. Allen anderen war es zu viel. Die How-dare-you-Rede („Wie könnt ihr es wagen“) stach vor allem durch eine zusätzliche persönliche Dramatik heraus, die dem ohnehin dramatischen Thema die Show stahl. Denn Gegenstand der Rede waren weniger das Eis an den schmelzenden Polen, brennenden Wälder und aussterbenden Tiere, es waren Greta Thunbergs Gefühle. Diese Form der persönlichen Abrechnung ist Wind in den Segeln derer, die ohnehin schon eine Übersättigung der Thunbergschen Präsenz in der Öffentlichkeit beklagen.
Ist das also der Anfang vom Ende des „Fridays for Future“-Hypes? Das wäre fatal. Es könnte schon reichen, wenn sich die Vordenker der Bewegung einmal schütteln, hinstellen, ihren Unterstützern und der Öffentlichkeit klarmachen, was ohnehin klar sein sollte: Leute, uns geht es nicht um eine Spaltung zwischen einem Uns und einem Die. Uns geht es um politische Inhalte, durch die wir die Pariser Klimaziele erreichen – nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.
Ein Hype, so berechtigt er auch ist, hat Ähnlichkeiten mit einem Medikament: Es reichen wenige Tropfen zu einer Überdosis. An der sind die Klimaaktivisten gerade nah dran.