Analyse Fünf Gründe für eine Niederlage Trumps
Washington · Es sind nur noch knapp vier Wochen bis zum Wahltag in den USA, und der Stand der Dinge beim Rennen um das Weiße Haus könnte nicht klarer sein. Donald Trump liegt in den Umfragen mit großem Abstand hinter dem Demokraten Joe Biden zurück.
Fünf handfeste Gründe, warum Trump die Wahl nicht gewinnen wird.
Trump und die Umfragen: Die Werte sind so dramatisch negativ, dass es für Trump keine realistische Möglichkeit gibt, diese noch zu revidieren. Die jüngste CNN-Umfrage zeigt Biden mit einem Vorsprung von 16 Prozent auf nationaler Ebene. Eine weitere landesweite Erhebung von NBC und dem Wall Street Journal ergab einen 14-Prozent-Vorteil für den Demokraten, den 66 Prozent der wahlberechtigten Frauen unterstützen. Auch Umfragen in einzelnen Bundesstaaten sind verheerend. In Arizona, das die Demokraten seit 1948 nur einmal gewinnen konnten, liegt der Präsident acht Prozent zurück. Ähnlich sieht es im wichtigen Florida aus.
Trumps Charakter: Nach 43 Monaten im Amt haben sich die Wähler ein klares Bild vom Ethos Trumps machen können. Und es ist kein schönes Bild. Die Washington Post überführte den Präsidenten mit einem „Lügen-Zähler“, in mehr als 20 000 Fällen die Unwahrheit gesagt zu haben. Die Hoffnung vieler, das Verhalten Trumps würde sich über die Zeit bessern, hat sich zerschlagen. Selbst Millionen der eigenen Unterstützer verurteilen, wie sich Trump persönlich verhält. Und dazu der Kontrast zu Biden: Wähler könnten Vorbehalte haben, was die geistige Fitness des 77-jährigen Biden angeht, doch sie sehen zumindest einen weitgehend sauberen Charakter.
Trump und der Coronavirus-Faktor: Der Präsident hat die Bedrohung verharmlost und war deshalb auch in den Gegenmaßnahmen inkonsequent. Nun, selbst mit Covid-19 infiziert, hätte er nach der schnellen Rückkehr ins Weiße Haus ein neues Kapitel aufschlagen können. Ein Kapitel, in dem er sagt: Ich sehe die Herausforderung und werde mit all meiner Energie an einer Eindämmung der Pandemie arbeiten. Das ist offensichtlich nicht der Fall. Trump äußerte stattdessen die größtmögliche Provokation für die Angehörigen der bisher rund 210 000 Todesopfer: Corona sei nicht gefährlicher als eine Grippe. Das wies unter anderem Amanda Kloots, Witwe des im Alter von 41 Jahren verstorbenen Broadway-Schauspielers Nick Cordero, entscheiden zurück: Trump habe kein Mitgefühl mit den verlorenen Leben. Es sei „traurig, verletzend und beschämend“.
Trumps Sympathien für die Ultrarechten: Kaum etwas motiviert liberale Wähler mehr für die Abstimmung als Trumps Umgang mit rechtsnationalistischen Gruppen in der Debatte um Rassismus und soziale Ungerechtigkeit, die seit dem Tod des Afro-Amerikaners George Floyd in Polizeigewahrsam das Land spaltet. Kürzlich forderte der Präsident in der ersten Debatte mit Biden die „Proud Boys“-Gruppierung auf, „zurückzustehen und bereitzustehen“.
Trumps Rolle als Feindbild: Die Mehrheit der Bürger sieht Demoskopen zufolge den Präsidenten mittlerweile als Bedrohung für das Wohlergehen der Nation. Beispiel: Am Dienstagnachmittag kündigte Trump unerwartet die laufenden Gespräche mit den Demokraten für ein zweites Corona-Hilfspaket auf, statt auf einen Kompromiss hinzuarbeiten. Die Börsenkurse fielen in den Keller, und Trumps irrationale Aktion bedroht die wirtschaftliche Erholung während der Pandemie. Zehntausende Firmen bangen weiter um ihr Überleben – ebenso wie 26 Millionen US-Bürger, die durch die Pandemie den Job verloren.