Analyse Friedrich Merz versucht sein nächstes Comeback

Berlin · Noch ist für viele schwer vorstellbar, dass er nach der Bundestagswahl im September bei der Konstituierung der Unionsfraktion hinten im Saal Platz nehmen wird. Der Mann, der schon wegen seiner Größe von 1,98 Meter fast alle überragt und mit dem sich weiterhin Hoffnungen wie Befürchtungen verbinden.

Nach seiner Niederlage als CDU-Vorsitzender drängt es Friedrich Merz nun zurück ins Parlament.

Nach seiner Niederlage als CDU-Vorsitzender drängt es Friedrich Merz nun zurück ins Parlament.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Friedrich Merz will zurück in den Bundestag, aus dem er 2009 frustriert über Angela Merkel ausgeschieden war. Sie hatte ihn zuvor als Fraktionschef entmachtet. „Ich bin bereit anzutreten“, verkündete Merz am Dienstagabend bei Twitter. Kandidieren wolle er im Hochsauerlandkreis, der seine „Heimat“ sei. Seit 2009 vertritt allerdings der Innenexperte Patrick Sensburg den Wahlkreis im Parlament – und das will Sensburg auch weiterhin tun. Somit droht eine Kampfkandidatur. Oder wie Merz schrieb: „Die Entscheidung liegt jetzt bei den Delegierten des Gesamtwahlkreises.“ Im April soll sie fallen.

Es ist der nächste Comeback-Versuch des 65-Jährigen, der zweimal mit dem Unterfangen scheiterte, den CDU-Vorsitz zu übernehmen. Wenn auch jedes Mal knapp. Zunächst auf dem Parteitag im Dezember 2018 gegen Annegret Kramp-Karrenbauer, dann in diesem Jahr Mitte Januar gegen Armin Laschet. Sein Plan, noch am Tag der Niederlage das Wirtschaftsministerium von Peter Altmaier an sich zu reißen, missglückte kläglich. Merz aber lässt nicht locker. Bei der CDU schaut man deshalb jetzt wie das Kaninchen auf die Schlange – etwas erstarrt, vor allem abwartend. Was wäre, wenn er zurückkäme?

Merz ist ein großer Polarisierer. Die einen sehen in ihm immer noch den Heilsbringer, der das Profil der Union schärfer und konservativer machen würde. Nach links gegen die Grünen, nach rechts gegen die AfD. Andere wiederum halten ihn für die Verkörperung einer veralteten CDU, die es nicht mehr gibt. Selbst in der Parteiführung hatte mancher gehofft, Merz würde sich nach seinen Niederlagen endlich wieder ins Sauerland zurückziehen und sich die drohende Spaltung der Partei damit von alleine erledigen. Doch dem ist nicht so. Nun könnte der Riss sogar in die neue Bundestagsfraktion getragen werden. Keine rosigen Aussichten, falls die Union nach der Wahl etwa mit Armin Laschet wieder den Kanzler stellen sollte.  

Schotten dicht an der CDU-Spitze. „Im Augenblick“ wolle sich Generalsekretär Paul Ziemiak zu den Merz-Plänen nicht äußern, hieß es aus dem Konrad-Adenauer-Haus. Der Ausgang des Machtkampfs im Sauerland ist schließlich noch unklar. Hinter den Kulissen versuchte man den Vorgang freilich herunterzuspielen. Sollte Merz in den Bundestag einziehen, müsse auch er sich erst einmal einreihen. Es gebe genügend andere, die nach einem Wahlsieg dann um Amt und Würden buhlen würden. Dem dürfte zwar so sein. Der Verdacht liegt jedoch nahe, dass Merz mehr sich selbst als „die Menschen und unsere Region im Bundestag“ vertreten will, wie er bei Twitter schrieb. Dass er also Minister oder vielleicht Fraktionschef werden möchte. Das macht die Angelegenheit so heikel. Sollte Merz also ab September im Bundestag sitzen, dürfte er alles daran setzen, dass an ihm kein Weg vorbeiführt. Und falls doch, könnte er immer wieder versucht sein, von der Hinterbank aus querzuschießen.

Im Laschet-Lager ahnt man dies bereits. Nach seinem Wahlsieg hatte der neue Vorsitzende vorsorglich angekündigt, Merz einzubinden, wenn der das wolle. Dem Vernehmen nach gab es zuletzt mehrere Gespräche zwischen den beiden. Freilich bisher ohne konkretes Ergebnis. Wie in der Causa Merz jetzt die Befindlichkeiten an der Basis sind, könnte Laschet bereits an diesem Donnerstagabend zu hören bekommen – dann bittet der Chef zum digitalen Mitgliedertalk.

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