Analyse Biden drückt aufs Tempo beim Pandemie-Paket

Washington · Nachdem Joe Biden mit einer Rekordzahl an Dekreten einen administrativen Blitzstart hingelegt hat, steuert er nun auf seine erste parlamentarische Kraftprobe mit der Opposition zu. Das Tauziehen um ein fast zwei Billionen Dollar schweres Pandemie-Paket ist zugleich ein Test von hoher Symbolik.

Analyse: Biden drückt aufs Tempo beim Pandemie-Paket
Foto: dpa/Evan Vucci

Im Kapitol wird sich in den nächsten Tagen zeigen, ob die Appelle des neuen Präsidenten, im Interesse der nationalen Einheit den Schulterschluss über Parteigrenzen hinweg zu proben, mehr sind als nur schöne Rhetorik.

Die Demokraten wollen mindestens zehn Republikaner auf ihre Seite ziehen, um den „American Rescue Plan“ mit einer so genannten Supermajorität zu verabschieden. Es würde bedeuten, dass 60 der 100 Senatoren für das Gesetz stimmen. Novellen solcher Tragweite bedürfen einer 60-Sitze-Mehrheit, allerdings gibt es immer wieder Ausnahmen. Im Dezember 2017, im ersten Amtsjahr von Donald Trump, hatten die Republikaner massive Steuersenkungen mit einfacher Mehrheit durchgesetzt. Ähnlich könnten diesmal die Demokraten verfahren und den Filibuster aushebeln – jenes Instrument, das es der Gegenseite ermöglicht, Gesetzesvorhaben mithilfe einer Sperrminorität zu blockieren. Nur wäre dann Bidens Hoffnung auf eine parteiübergreifende Kooperation geplatzt.

In jedem Fall drängt das Weiße Haus zur Eile. Noch vor Beginn des Impeachment-Prozesses gegen Trump soll das Paket geschnürt werden. Darin enthalten sind Ausgaben von 400 Milliarden Dollar für den unmittelbaren Kampf gegen die Epidemie (Impfzentren, Ausrüstung für Schulen). 350 Milliarden sollen an Kommunen und Bundesstaaten fließen. Jeder Amerikaner soll einen Scheck über 1400 Dollar erhalten, die Arbeitslosenhilfe soll aufgestockt und Lohnausfall kompensiert werden. Zudem ist geplant, mittels Steuergutschriften die Kinderbetreuung zu subventionieren und Mieter, die mit ihren Zahlungen in Verzug geraten sind, zu unterstützen. Das alles summiert sich auf knapp zwei Billionen Dollar.

Bidens Experten halten den Betrag für angemessen: „Das Risiko für die Wirtschaft ist größer, wenn man jetzt zu wenig tut statt zu viel“, warnt Brian Deese, seit ein paar Tagen Chef des Nationalen Wirtschaftsrats. Erinnerungen werden wach an den Winter vor zwölf Jahren, als die Ratgeber des gerade vereidigten Präsidenten Barack Obama einen staatlichen Kraftakt empfahlen, um die Auswirkungen der Finanzkrise abzufedern. Das damals vom Kongress beschlossene 787-Milliarden-Paket bewerteten sie im Nachhinein als zu klein. Obama hatte damals zurückgesteckt in der Hoffnung, den einen oder anderen Republikaner zu gewinnen. Doch die Konservativen begegneten ihm von Anfang an  mit kompromissloser Total-Opposition.

Es liegt auch an der Vorgeschichte, dass die Demokraten zum Klotzen statt zum Kleckern auffordern, auch wenn der politische Gegner Bedenken anmeldet. Tatsächlich lassen einige Republikaner, denen Biden am ehesten den Brückenbau zutraut, tiefe Skepsis erkennen. Zu ihnen gehören Mitt Romney, einer der schärfsten Kritiker Trumps, und Susan Collins, eine moderate Senatorin aus Maine. Man habe doch erst ein Corona-Rettungsprogramm in Höhe von 900 Milliarden Dollar verabschiedet, argumentiert Collins. Nach so kurzer Zeit ein neues, doppelt so großes draufzusetzen, gehe zu weit. Auch John Thune, bei den Republikanern die Nummer zwei im Senat, übt scharfe Kritik. Dafür muss er sich den Vorwurf der Scheinheiligkeit gefallen lassen. Unter Trump, betont die Demokratin Elizabeth Warren, hätten die Konservativen immer krassere Budgetdefizite zugelassen, ohne sich auch nur im Geringsten um die Schulden zu kümmern.

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